Full text: Kulturbilder aus Deutschlands Vergangenheit

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12. Das deutsche Kaisertum. 
Kaiserwahl 
A. Krönung. 
ging alle irdische. Macht aus und verbreitete sich abwärts über 
Könige, Herzöge und Grafen bis zum letzten Lehnsmann. Frei¬ 
lich war Karl iu Wirklichkeit nicht der Herr über die ganze 
Christenheit, und noch weniger waren es seine Nachfolger, unter 
denen die Franken und Italiener sich von den deutsch redenden 
Stämmen los machten. Aber die Würde eines Kaisers verblieb 
doch bei seinen Nachfolgern. Unter ihnen freilich drohte die 
dnrch Karl hergestellte Einheit selbst auch zwischen den deutschen 
Stämmen sich wieder auszulösen. Die Sachsen, Thüringer, 
Schwaben, Baiern standen einander schroff gegenüber; hervor¬ 
ragende Geschlechter erlangten die Führung bei diesen Stämmen 
unter dem Namen von Herzögen, und diese schalteten in ihren 
Besitzungen, ohne sich viel um den Oberlehnsherrn zu bekümmern. 
So schien es, als bedürfe man gar keines Kaisers mehr, nach¬ 
dem der letzte Karolinger gestorben war. Dennoch aber war der 
Gedanke der Zusammengehörigkeit lebendig geblieben, und so 
traten die großen Fürsten und Herzöge im Jahre 911 zusam¬ 
men, um wieder ein Oberhaupt zu wählen, nämlich den Franken¬ 
herzog Konrad. Seitdem erhielt sich die Gewohnheit, nach dem 
Tode des jedesmaligen Kaisers einen neuen zu wühlen; doch 
hielt man sich bei dieser Wahl gerne an die Nachkommen des 
verstorbenen Herrschers. 
Die Wahl der deutschen Kaiser wurde bis zum Interregnum 
vou den weltlichen und geistlichen Würdenträgern des Reiches, 
den Herzögen und Erzbischöfen, vollzogen, entweder in Frank¬ 
furt a. M., Aachen, Forchheim oder Mainz. Unmittelbar 
nach der Wahl oder bald darauf fand die feierliche Krönung 
statt, die feit Otto I. zuerst in Aachen, später in Frankfurt 
vorgenommen wurde. Die Krönung gestaltete sich zu einem 
großen, prunkvollen Feste, dessen Einrichtungen sich größtenteils 
bis in das vorige Jahrhundert erhielten. 
Bor der Krönung geschah die feierliche Huldigung der 
Herzöge, Grasen und übrigen Vasallen, die dem Kaiser durch 
Handschlag das Gelöbnis der Sehnstreue leisteten. Wenn darauf 
der Kaiser feinen Palast verließ, um sich zur feierlichen Krönung 
in die Kirche zu begeben, wurde er von der Geistlichkeit unter
	        
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