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ihr euch nicht zu Bette legen?" Sie verneinten es und führten
ihn in seine Kammer, wo sein Bett schon gewärmt war. In¬
dem er sich hinein legte, gab er Allen die Hand, wünschte ihnen
gute Nacht und sprach: „Freunde, betet zu unscrm Herrn Gott
für sein Evangelium, daß cs ihm wohl gehe; denn der leidige
Papst zürnet hart mit ihm." Schwer athmend schlief er ein,
war aber um ein Uhr nach Mitternacht schon wieder wach und
trug seinem Diener auf, das Zimmer zu Heizen. Es war schon
geschehen. Da ging er, noch ohne Hülfe, aus der Kammer
hinein, klagte über Beklommenheit und betete viel. Im Zimmer
setzte er sich auf das Polstcrbett und ließ sich den Leib mit war¬
men Tüchern reiben. Sein Diener brachte in der Angst die ganze
Nachbarschaft in Bewegung. Der Wirth und dessen Frau eil¬
ten herauf; auch Graf Albrecht und seine Gemahlin kamen wie¬
der, versehen mit stärkenden Tropfen. Der Kranke aber klagte
immer heftiger über Brustschmerzen und große Angst, betete drei¬
mal hinter einander: „Vater, in deine Hände befehl ich meinen
Geist; du hast mich erlöset, du treuer Gott!" Dann ward er
still; richtete sich jedoch gleich darauf noch einmal in die Höhe,
mit den Worten: „Ich fahre dahin! Aber wir haben einen
Gott, der da hilft und einen Herrn Herrn, der vom Tode erret¬
tet." Darauf bog er sich wieder zurück, schloß die Augen und
antwortete nicht mehr. Die Gräfin fuhr noch immer fort, ihm
den Puls mit balsamischen Wassern zu bestreichen, und auch die
andern Freunde bestrebten sich fortwährend, ihn zu wärmen und
zu reiben. Zuletzt fragte ihn Doctoc Jonas: „Ehrwürdiger Va¬
ter, wollt ihr auf die Lehre von Christo, wie ihr sie gepredigt,
sterben?" Mit vernehmlicher Stimme sprach der Sterbende:
„Ja, ja!" wendete sich dann auf die rechte Seite und entschlief
so sanft, daß die Umstehenden glaubten, er schlummere bloß.
Nur erst, da man ihm unter das Gesicht leuchtete und Hände
und Füße anfühlte, auch vergebens seinen Namen rief, merkte
man, daß der Geist dem Leibe entflohen sey. Es war zwischen
zwei und drei Uhr Morgens. Noch in derselben Nacht ward ein
reitender Bote mit der Nachricht an den Churfürstcn gesendet,
der sie mit inniger Trauer empfing. Der Schmerz über den
Verlust dieses Mannes preßte ihm die Worte aus: „Ich wollte,
daß die Grafen zu Mansfeld den alten ausgearbeitcten Mann mit
ihren beschwerlichen Handeln hätten unverworren gelassen."