2. Die Losreißung der Schweiz vom Reiche. 27
bei ihnen das Recht wahrnehme. Als solcher hatte Rudolf von Habsburg
sich ihnen gütig und gerecht bewiesen. Als der aber tot war, strebte
Albrecht, sein Sohn, nach der Krone und zürnte sehr, da er erkannte, daß
die Waldleute zu Adolf von Nassau hielten, allein die Unruhen im eigenen
Lande nötigten ihn, die Schweiz zu verlassen. Kaum war er jedoch König
geworden, so schickte er Boten zu ihnen und ließ ihnen sagen, „sie würden
wohl für sich und ihre Nachkommen sorgen, wenn sie sich dem ewigen
Schirm des königlichen Hauses unterwerfen wollten; alle benachbarten Städte
und Ländereien seien des Königs, und er möchte auch sie zu seines Hauses
lieben Kindern haben. Er habe von seinem Vater und aus alten Geschichten
vernommen, welch' ein tapferes Volk sie seien; der König aber liebe tapfere
Männer sehr." Da sprachen die Edlen und alles Volk aus den Waldstätten,
„sie wüßten wohl und würden sich ewig erinnern, wie ihnen der selige
König ein guter Hauptmann und Vogt gewesen und wollten auch seinem
Namen das allezeit gedenken; aber sie liebten den Zustand ihrer Altvorderen
und wollten in demselben verharren; den möge ihnen der König doch bestätigen
wie sein Vater." Darüber ward nun Albrecht sehr böse und gab ihnen
Vögte, die sie hassen mußten: Hermann Geßler von Bruneck, der zu
Küßnacht residierte, und Beringer von Landenberg, der zu Tarnen
in Unterwalden hauste. Diese Landvögte hatten aber wieder andere Vögte
unter sich, welche auf die verschiedenen Burgen verteilt waren und daher
Burgvögte hießen. Ein solcher war auch der Ritter von Wolfenschießen aus
Roßberg, der den ersten Anlaß zur Gewaltthätigkeit der Bauern gegen die
Vögte gab. Als er nämlich der Frau eines Schiffers, Namens Konrad
Baumgarten, Gewalt anthun wollte, wurde er von dem herzukommenden
Manne mit der Axt erschlagen. Seitdem wurden die Schweizer täglich
härter behandelt, und Geßler ließ, um die Unzufriedenen stumm zu machen,
unweit Altorf ein festes Burggefängnis bauen, welches von österreichischen
Kriegsknechten bewacht wurde und zur Aufnahme für jeden bestimmt war,
der durch eine Äußerung oder Miene seine Unzufriedenheit mit der Tyrannei
an den Tag legte. So hoffte er, die Urner zur Knechtschaft zu zwingen
und nannte deshalb die Feste Zwing-Uri. Dann ließ er sogar auf dem
Markte zu Altorf eine Stange aufrichten mit dem österreichischen Herzogs¬
hute daraus und gab strengen Befehl, daß jeder Vorübergehende demselben
durch Gruß seine Ehrfurcht bezeigen solle, widrigenfalls ihn die an der
Stange Wache haltenden Kriegsknechte ergreifen und in den Kerker werfen
würden. Das Volk murrte über die Schmach, aber — es gehorchte. Bald
aber gab ein Vorfall in Unterwalden den Anlaß zu einer Verschwörung.
Dort hatte der alte Heinrich von der Halden sich ein kleines Versehen zu
Schulden kommen lassen und war von Landenberg verurteilt worden, seine
zwei Ochsen zur Strafe auszuliefern, indem der Vogt höhnisch äußerte, die
Bauern könnten ihren Pflug selber ziehen. Als die Knechte Laudenbergs
ankamen, um die Ochsen aus dem Pfluge zu nehmen, setzte sich Heinrichs
Sohn, Arnold von Melchthal, zur Wehr nnd schlug mit seinem Stecken
dem einen Knechte den Finger entzwei. Darauf ergriff er die Flucht und
fand bei Walther Fürst in Uri, einem Freunde seines Vater, ein Asyl. Hier
traf er auch den Werner Stauffacher, der aus Schwyz herübergekommen