fullscreen: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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6) Kunst, Literatur und Handel. 
Archen. 33»* Einführung des Christenthums haben die germanischen 
Basiiica, ' Völker keine Kunst. Der christliche Kultus aber verlangte einen ge- 
BaptisteriM. weihten Ort, die Kirche. Wie die Religion und der Kultus, so 
kam auch ihre Begleiterin, die Kunst, aus Italien, und die Kir¬ 
chen wurden nach römischer Weise gebaut. Die ersten in Rom ge¬ 
bauten Kirchen waren nicht nur einzelnen Heiligen und Märtyrern 
geweihet, sondern sie waren auch deren Grabdenkmale, und man 
konnte sich keine Kirche ohne ein solches Grab und seine Reliquien 
denken. Die Verehrung der in den Katakomben ruhenden Märty¬ 
rer mochte mehr als die Verfolgungen von Seiten der Kaiser die 
Christen mit ihrem Gottesdienst zu den unterirdischen Gräbern der 
Blutzeugen geführt haben. Gewiß ist, daß die Begriffe von Grab 
und Kirche auch später noch lange verbunden blieben. So ward 
bei dem zuerst unter Constantin beginnenden Kirchenbau das unter¬ 
irdische Grab des Heiligen (die Krypta) ein unerläßlicher Bestand- 
theil, ja der eigentliche Kern des Gebäudes. Die Scheidung von 
Klerus und Laien, wie die Feier des Geheimnisses von der leibli¬ 
chen Gegenwart Christi (Eucharistie) machten einen gesonderten, er¬ 
höhten, die Zahl der Gemeindemitglieder einen weiten, gegen die 
Witterung geschützten Raum nöthig, von dem aus Auge und Ohr 
die Feier erreichen konnte. Diesen Erfordernissen entsprach nicht so¬ 
wohl der antike Tempel, als die Kauf- und Gerichtshalle (Basi- 
lica), in welcher eine erhöhte Tribüne für die Richter, darunter 
ein unterirdischer Raum (angeblich für die Gefangenen), und Säu¬ 
lengänge für die Handelsgeschäfte von einem gemeinsamen Dach be¬ 
deckt wurden. Diese Form legte man mit wenigen Abänderungen 
dem für den christlichen Gottesdienst bestimmten Gebäude zu Grunde 
und behielt sogar den Namen Basilica bei. 
Die wesentlichen Bestandtheile des neuen kirchlichen Gebäudes 
sind demnach ein oblonger, und zwar von Osten nach Westen ge¬ 
stellter, überdachter Raum für die Gemeinde, in der Regel durch 
zwei oder vier Reihen Säulen in drei oder fünf Längenabtheilun¬ 
gen (Schiffe) getheilt, deren mittleres breiter und höher ist als die 
Seitenschiffe. An den Mauern der Schiffe sind die Fenster, an der 
Westseite die Eingänge angebracht. An der Ostseite befindet sich 
ein halbkreisrunder erhöhter Platz (Tribüne) von der Breite des 
Mittelschiffs, dessen Umfassungsmauer nach oben in eine Halbkuppel 
endet, und der bestimmt ist für den Klerus und den Altar zur Feier der 
Eucharistie. Unter der Tribüne ist das gewölbte Grab des Heili¬ 
gen (Krypta), geräumig genug, um darin das Andenken an die 
Feier in den Katakomben zu begehen. Zwischen der Tribüne und 
den Schiffen wurde in der Regel noch ein freier Raum von 
der Breite des Mittelschiffes angelegt, wodurch die Form des un-
	        
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