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Schlacht bei Sedan. 1870. (1. Setzten?ber.) König Wilhelm ließ
nun einen Teil seiner Truppen unter dem Befehl des Prinzen Friedrich Karl
rings um Metz stehen: den Rest entsandte er unter dem Befehl des Kron¬
prinzen Albert von Sachsen an die Maas. Eben dorthin marschierte von
Chalons her mit einem neugebildeten Heere der Marschall Mac Mahon, bei
welchem sich auch der Kaiser Napoleon befand; er wollte dem in Metz ein¬
geschlossenen Bazaine Hilse bringen. Aber inzwischen war ihm die.Armee
des Kronprinzen von Preußen bereits in den Rücken gekommen, und an der
Maas stieß er aus die Armee des Kronprinzen von Sachsen. Nachdem sich
die Armeeen beider Kronprinzen vereinigt hatten, übernahm König Wilhelm
den Oberbefehl. Es kam bei Sedan zur Schlacht, in der es sehr heiß herging.
Mac Mahon wurde durch einen Granatschuß verwundet, worauf General
Wimpfsen die Führung des französischen Heeres übernahm. Kaiser Napoleon
wohnte dem Kampfe selbst bei, uud als er sah, wie sich der Sieg auf die
deutsche Seite neigte, suchte er den Tod auf dem Schlachtfelde; aber keine
Kngel traf ihn. Da nun alles verloren war, schrieb er an König Wilhelm:
„Weil es mir versagt war, an der Spitze meiner Truppen zu ster¬
ben, lege ich meinen Degen zu Ew. Majestät Füßen." Mit ihm er¬
gab sich das ganze französische Heer bei Sedan. Napoleon aber stellte sich
(am 2. September) selbst als Gefangener: und überreichte seinen Degen an
König Wilhelm, worauf ihm das Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel zum Auf¬
enthalt angewiesen wurde. Wilhelm schrieb an die Königin Augusta: „Die
Kapitulation, wodurch die ganze Armee in Sedan kriegsgesangen ist, ist soeben
mit dem General Wimpffen geschlossen, der an Stelle des verwundeten Mar¬
schalls Mac Mahon das Kommando führte. Der Kaiser hat nur sich selbst
Mir ergeben, da er das Kommando nicht führt und alles der Regentschaft in
Paris überläßt. Seinen Aufenthaltsort werde Ich bestimmen, nachdem Ich
ihn gesprochen habe in einer Zusammenkunft, die sofort stattfindet. — Welch
eine Wendung durch Gottes Fügung!"
Die französische Republik. Auf die Nachricht von dem Unglück des
Kaisers fiel das Pariser Volk von ihm ab und rief die Republik aus. Die
neue Regierung, welche man schuf, setzte den Krieg fort und verließ sich
auf die Menschenmassen, die nun überall in Frankreich zu den Waffen griffen
und teils große regelmäßige Heere,^ teils Banden von Freischärlern (Franc-
tireurs) bildeten. Aber auch Deutschland entsandte zur Verstärkung seiner
Streitkraft immer neue Scharen, besonders preußische Landwehr. — Jetzt
wurde der Kampf großenteils ein Festungskrieg, wobei es sich namentlich
darum handelte, Straßburg, Metz und Paris einzunehmen.
Ende des Krieges und Erneuerung des deutschen Kaiserreichs.
Die Festungen Straßburg und Metz fielen, und auch über die republikanischen
Heere wurden Siege erfochten. Endlich ergab sich auch Paris nach einer
viermonatlichen Belagerung. Im Frieden zu Frankfurt a. M. (ant 10. Mai
1871) trat Frankreich Elsaß und Deutsch-Lothringen an Deutschland ab
und hatte 4000 Mill. Mark Kriegskosten zu zahlen. 1871 erweiterte sich der
norddeutsche Bund zum deutschen Bunde, und der König Wilhelm von
Preußen hatte (wie schon erwähnt) am 18. Januar 1871 die erbliche deutsche
Kaiserkrone für sich und das Haus Hoheuzollern angenommen. So war denn
das deutsche Kaiserreich, der Traum uud die Hoffnung vieler Patrioten, wieder
erneuert. — Der deutsche Band oder das deutsche Reich besteht aus 25 Staaten
und dem Reichslande Elsaß und Deutsch-Lothringen; die Hauptstadt ist Berlin.
Die Bundesgesetzgebung wird durch den Bundesrat, in welchem Preußen den
Vorsitz führt, und durch den Reichstag ausgeübt. Den Oberbefehl über die
gesamte Kriegsmacht hat der König von Preußen als deutscher Kaiser.
Teilweise nach Stahlberg, Baron und Picrson.