Full text: Von der Zeit des Großen Kurfürsten bis auf die Gegenwart (H. 3)

76 Dritte Periode. Die Zeit der Umwälzungen. 
6. Die bildende Aunst unter Wilhelm I. Wie im Kunstgewerbe, 
so offenbarte sich auch iu den großen Werken der Bildhauerei und 
Baukunst der neu belebte nationale Geist. An den Einweihnngs- 
feierlichsten nahm Kaiser Wilhelm stets persönlich teil. Zum An- 
denken an die Wiederaufrichtung des Deutscheu Reiches erhob sich das 
Nationaldenkmal auf dem Niederwald (Fig- 140) und zum Andenken 
an die älteste Befreiung Deutschlands das Hermannsdenkmal auf 
der Grotenburg bei Detmold. Seiner Mutter, der Königin Luise, 
setzte der Kaiser 1880 im Tiergarten bei Berlin ein Marmordenkmal, 
und im selben Jahre fügte er dem Kölner Dome den Schlußstein 
ein. Zur Aufnahme von Meisterwerken der neuereu deutschen Kunst 
wurde die Berliner Nationalgalerie errichtet. Die Kenntnis der 
altgriechischen Kunst wurde gefördert durch die Ausgrabungen, die der 
Kaiser unter besonderer Mitwirkung des Kronprinzen in Olympia 
und Pergamon anstellen ließ. 
7. Des Reiches Trauer. Kronprinz Friedrich Wilhelm, des 
Kaisers einziger Sohn, der an den kriegerischen Großtaten der Nation 
so Heroorragenden Anteil hatte, zeichnete sich nicht weniger aus in den 
Werken des Friedens. Auf Reisen ins Ausland half er, das Ver- 
hältnis des Kaiserhauses zu den übrigen europäischen Fürstenhäusern 
zu einem freundschaftlichen zu gestalten; als der Kaiser, tiou ruchloser 
Hand getroffen, auf dem Krankenbette lag, bewährte er seine Umsicht 
in der Leitung der Regierungsgeschäfte; allen künstlerischen und wissen- 
schaftlichen Bestrebnngen trug er ein warmes Interesse entgegen. Das 
ganze dentfche Volk ehrte und liebte den wohlwollenden, leutseligen 
Prinzen. Da wurde er von einer unheilbaren, gefährlichen Halskrankheit 
befallen und suchte Liuderung im milden Klima Italiens. Die Be- 
g sorgnis des deutschen Volkes, daß der schwere Schicksalsschlag auch auf 
die Gesundheit des alten Kaisers verhängnisvoll einwirken könne, war 
1888. nur zu gerechtfertigt: am 9. März 1888 erlosch das lauge, inhaltreiche 
Leben des Kaisers. 
Als Kaiser und König Friedrich III. betrat sein schwerkranker 
Sohn ohne Rücksicht auf das dringende Abraten der Ärzte in der 
rauhen Jahreszeit den heimatlichen Boden. Er betätigte in der 
Erledigung der Regierungsgeschäfte trotz der unaufhaltsam fort- 
schreitenden Krankheit eine erstaunliche Arbeitskraft, bis der Tod feinem 
15. Wirken ein Ziel setzte. Am 15. Juni hatte Kaiser Friedrich aus- 
Juni, gelitten.*) 
*) „Lerne leiden, ohne zu klagen."
	        
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