Object: Lehrbuch der allgemeinen Geschichte für höhere Unterrichtsanstalten (Theil 1)

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wichtigern Reichsangelegenheiten, Krieg und Frieden und über 
Gesetze berathen, die Capitulari en genannt wurden, wenn sie 
die Bestätigung des Königs erhalten hatten. Indessen erschienen 
auf diesen Reichstagen meist nur die großen Lehnsträger und 
höhern Geistlichen, die Bischöfe undAebte, welche zusammen 
seitdem vorzugsweise die sogen. Reichsstände bildeten. 
8) Karl war in seinem Leben höchst einfach und mäßig; 
sein Kleid webten seine eigenen Töchter. Aber seine schöne ge- 
waltige Gestalt (7 Schuhe messend) gebot Ehrfurcht jedem Nahenden. 
Der Mann, der vom Ebro bis zur Ostsee mit Alles umfassendem 
Blicke waltete, der Vorschriften gab, wie auf seinett Gütern die 
Obstbäume gepflanzt und wie viel Eier verkauft werden sollten, 
verwendete seine Nachtstunden, um seine wissenschaftliche Bildung 
zu vervollkommnen, da seine Jugenderziehung vernachlässigt worden 
war, und studirte mit seinen Freunden Latein, Griechisch, Physik 
und Astronomie. 
9) Karl hatte drei Söhne, unter die er das Reich zu theilen 
gedachte. Die beiden altern hoffnungsvollen Söhne, Pippin 
und Karl, starben aber noch vor dem Vater. Darauf erklärte 
Karl den jüngsten Sohn Ludwig, der bisher Aquitanien 
verwaltete, auf einem Reichstage zu Aachen (813) zu seinem 
Nachfolger, nachdem er ihn in der Kirche vor dem versammelten 
Volke ermahnt hatte, Gott zu fürchten, das Volk wie seine Kinder 
zu lieben, den Armen Trost zu verschaffen, nur Recht und Ge¬ 
rechtigkeit zu üben und vor Gott und Menschen jederzeit unsträf- 
lich zu wandeln. — Karl selbst starb im folgenden Jahre, den 
28. Januar 814 mit den Worteni „Herr, in deine Hände 
empfehle ich meinen Geist." Er wurde in der Marienkirche 
zu Aachen begraben, auf einein goldenen Sessel sitzend, das 
Haupt mit einer Krone geschmückt, mit einem Schwerte umgürtet, 
das Evangelienbuch auf dem Schooße und eine Pilgertasche an 
der Seite hängend. So ward der glorreiche Kaiser in die Gruft 
gesenkt; aber er lebte in der Liebe und Verehrung des deutschen 
Volkes fort, dessen Kaiser fortan in ihm das Ideal, nach dem sie 
ringen sollten, erblickten. 
An merk. Dippold, Leben Kaiser Karls des Großen. 1814. — B r e d o w, 
Kaiser Karl der Große. 1814. — H. v. Gagern, Karl b. Gr. 
1845. — Abel, Jahrbücher des fränkischen Reicks unter Karl 
d. Gr. 1. B. 1866.
	        
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