Full text: Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte (2)

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Geld; dieses zahlen die Einwohner des Landes als Steuern. Als 
die Hohenzollern nach Brandenburg kamen, durfte der Kurfürst nicht 
etwa so viel Steuern erheben als er wollte, sondern er mußt? die Ver¬ 
treter der Geistlichkeit, des Adels und der Städte um die Erlaubnis 
bitten, eine neue Steuer erheben zu dürfen. Diese Vertreter nannte 
man Stände. Der Kurfürst konnte ohne die Stände nichts ausrichten; 
daher sagt man: Brandenburg hatte eine ständische Verfassung. 
Bis zur Zeit des Großen Kurfürsten gab es in Brandenburg auch kein 
Heer in unserem Sinne. Wenn Krieg ausbrach, berief der Kurfürst die 
Ritter, welche ihre Güter als Lehen erhalten hatten; diese zogen dann 
mit ihren Knechten in den Krieg. Die Städte stellten Bürger und 
gemietete Soldaten zur Verteidigung, soweit sie dazu verpflichtet waren. 
Daher konnte der Kurfürst auch nur mit Zustimmung der Stände Krieg 
führen. 
2. Im Laufe der Zeit mißbrauchten die Stände ihre Vorrechte zum 
Nachteile des ganzen Landes. Daher berief der Kurfürst die Stände 
sehr selten zusammen und erhob die Steuern, ohne die Stände zu be¬ 
fragen. Er warb ein stehendes Heer an, das zuletzt 20 000 Mann 
zählte, und niemand im Lande durfte es wagen sich ihm zu widersetzen. 
Dadurch ging die Macht der Stände auf den Kurfürsten über; er wurde 
ein unumschränkter (absoluter) Herrscher, der Staat eine absolute 
Monarchie. Friedrich Wilhelm I. und Friedrich der Große regierten 
ebenso unumschränkt, und das „Allgemeine Landrecht" bestimmte: „Dem 
Oberhaupte des Staates gebührt es, Gesetze zu geben und wieder auf¬ 
zuheben; das Recht, zur Bestreitung der Staatsbedürfnisse Abgaben aus¬ 
zulegen, ist ein Majestätsrecht." 
^ 3- König Friedrich Wilhelm III. versprach dem preußischen Volke 
im vsQiji'c 1815, daß die Vertreter des Volkes an den Beratuugeu über 
die Gesetze teilnehmen sollten. Einige Jahre später errichtete er Pro¬ 
vinzialstände, d. h. die Abgeordneten des Adels und der Gro߬ 
grundbesitzer, ferner der Städte und Bauern einer jeden Provinz wurden 
alle drei Jahre zusammenberufen, um über die Gesetzentwürfe zu beraten 
welche ihre Provinz betrafen. König Friedrich Wilhelm IV.' vereinigte 
1847 diese Provinzialstände zu einem „Vereinigten Landtage." 
4 Infolge der Unruhen im Jahre 1848 wurde der „Vereinigte 
Landtag" aufgelöst und eine vom ganzen Volke gewählte Versammlung 
einberufen, um über eine neue Verfassung zu beraten. Aber dieses gelang 
ihr nicht. Daher gab der König (am 5. Dezember) aus eigener Machtvoll¬ 
kommenheit eine Verfassung, welche 1850 als Staatsgrundgesetz verkündet 
wurde. Sie wurde vom Könige, den Ministern und den Beamten beschworen. 
5. Wichtigkeit der Verfassung. Die Verfassung ist die Grund¬ 
lage unseres Staates. Alle Einwohner unseres Staates müssen 
den Gesetzen gehorchen, Steuern zahlen und andere Pflichten als Staats¬ 
bürger erfüllen. _ Allein nur auf dem in der Verfassung vorgeschriebenen 
Wege dürfen Gefetze erlassen und Steuern erhoben werden. Durch die 
Wahlen kann jeder Preuße dazu beitragen, daß wir gute Gesetze und 
gerechte Steuern haben. Der König und jeder Staatsbeamte müssen
	        
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