Full text: Lehrbuch der Geographie für die mittleren und oberen Klassen höherer Bildungsanstalten sowie zum Selbststudium

§. 55. Bevölkerungsverhältnisse. 131 
anwohnenden Polarvölker, sondern auch für die seefahrenden Kulturvölker von 
größter Bedeutung sind. Die ganze Existenz des Eskimos ist an das Vor¬ 
kommen der Robben (8. I, §. 56), wie an einen Hausthierstand, gebunden, 
daneben erscheinen Walrosse, der Narwal und der eigentliche Walfisch 
(L. I. §. 59), während der Pottfisch gemäßigteren Zonen angehört. See- 
löwen und Seebären sind auf das Behringsmeer beschränkt. Das Vor¬ 
kommen des Kabeljaus (L. I, §. 109, 2), namentlich an den Küsten von 
Nee-Fundland, dessen Fang ganze Flotten beschäftigt, erreicht im Golfstrom 
seine südliche Grenze, (s. S. 43). 
Bevölkerungsverhältnisse. Die bei der Entdeckung Amerikas § 55. 
vorgefundene Bevölkerung bildet, mit einziger Ausnahme der Eskimos, ' 
eine einzige, dem Erdtheil eigenthümliche Menschenrasse, die mit den 
Völkern anderer Erdtheile durchaus nicht in historische Verbindung 
gesetzt werden kann, vielmehr ein für sich bestehendes Ganze ausmacht. 
Schlichte, grobe, schwarze Haare, wenig Bart, untersetzte Statur, eine 
niedrige, stark nach hinten gedrückte Stirn, die die mittleren und unteren 
Theile des Gesichts desto stärker hervortreten läßt, längliche Augen mit 
gegen die Schläfe emporgerichteten Winkeln, stark hervorragende Backen¬ 
knochen, breite Lippen und um den Mund ein Ausdruck von Sanft- 
ntuth, welcher gegen ihren ernsten, Trauer und Gedrücktheit aussprechenden 
Blick sehr absticht, sind die allen gemeinsamen Kennzeichen. Nur die 
Farbe variiert vom Hellen bis zum Schwarzen, ohne daß man je¬ 
doch diese Unterschiede auf Rechnung des Klima setzen könnte. Die der 
amerikanischen Rasse gemeiniglich zugeschriebene fupferrothe Farbe findet 
sich wesentlich nur bei den Indianern Nordamerikas. Was die geistige 
Begabung der Amerikaner anbetrifft, so sind sie im Allgemeinen phleg¬ 
matischen Charakters (f. S. 91). Nur die Noth oder selten auflodernde 
Leidenschaft vermag sie aus dem Zustande träger Ruhe, dem sie sich für 
gewöhnlich ergeben, herauszureißen; kaum aber ist durch einen glücklicken 
Jagd- oder Beutezug die Noth gestillt oder die Leidenschaft befriedigt, 
als sie sofort wieder dem träumerischen Hinbrüten in der Hütte sich 
ergeben. Parallel mit dieser zur Schau getragenen Gleichgültigkeit 
gegen die Dinge der Außenwelt geht eine ans Wunderbare grenzende 
Selbstüberwindung, mit welcher die Amerikaner jeden Schmerz ertragen 
und die lebhaftesten Gefühle der Liebe oder des Hasses bis zur geeigneten 
Zeit in ihrer Brust zu beherrschen und zu verschließen wissen. Die 
Werke des Europäers staunen sie wohl an, haben aber außer dem 
Gebrauche des Feuergewehrs und der Kunst, das Pferd zu zähmen, fast 
nichts von ihm angenommen, und diejenigen von ihnen, die nicht schon 
vor der Entdeckung Ackerban trieben, haben fast nirgends dazu gebracht 
werden können, der Jagd zu entsagen und sich dem seßhaften Leben 
des Ackerbauers zuzuwenden. — In Süd- und Mittelamerika gelang 
es zwar hin und wieder katholischen Missionären, Indianer zum'Acker¬ 
bau anzuhalten und zu festen Ansiedelungen zu veranlassen (Jesuiten in 
Paraguay), allein diese „unter der Glocke" lebenden Indianer haben 
nur, Kindern gleich, den Einwirkungen der Missionäre nachgegeben, aber 
nirgend sind sie aus eigenem Antriebe der höheren Cultur entgegen- 
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