— 184 —
je nach der Zahl der Einwohner zum Ein- und Ausgehen benutzt.
Diese befahrenen Röhren sind leicht zu erkennen. Der Boden vor dein
Eingang ist ohne Graswuchs und hart und glatt getreten. Prüft
man die nächste Umgebung des Dachsbaues aufmerksam, so findet man
gewöhnlich zwei, manchmal auch mehr schmale Pfädchen. Diese Gänge
führen von verschiedenen Richtungen zum befahrenen Hauptrohr und
werden vom ordnungsliebenden Dachs, der eine beim Ausgang, der
andre bei der Rückkehr znm Bau, fast regelmäßig benutzt.
Der Dachs ist von Natur sehr scheu und verläßt den schützenden
Ban fast nur des Abends zwischen 9 und 11 Uhr. Deshalb ist es
auch schwer, ihn auf dem Anstand zu erlegen. Der Jäger stellt sich
im Herbste, meist im Oktober früh morgens, womöglich bei windstiller
und mondheller Nacht in der Nähe eines Dachsbaues an, nachdem er
sich vorher versichert hat, daß der Herr der Feste ausgegangen ist, um
Nahrung zu suchen. Wenn der Dachs seine Wohnung sucht, ist es
gewöhnlich noch nicht hell. Er windet sehr gut. Merkt er etwas
Verdächtiges, so kehrt er sogleich um und sucht den nächsten Fluchtbau
als Freistätte ans, oder er strengt alle seine Kräfte an, um recht schnell
die Röhre zu erreichen. Der Schütze sieht ihn oft erst gerade vor der
Eingangsröhre, wenn er im Begriff ist, in den Bau einzufahren. Trifft
dann der Schuß nicht tödlich, so ist die Beute für ihn meist verloren.
Weit interessanter ist das Dachsgraben. Wenn im Herbste die
Blätter der Bäume sich verfärben und früh morgens graue Nebel
aus den Tälern zum Gebirge aufsteigen, dann ziehen die Jäger,
von ihren Dachshunden begleitet, zum Bau. Einige Arbeiter folgen
mit Pickel, Schaufel und Axt. Die Düchsel haben es schon gemerkt,
daß es für sie heute eine besondere Freude gibt. Ungeduldig wim¬
mernd laufen sie bald zu diesem, bald zu jenem Jäger, als wollten
sie sagen: „Sind wir noch nicht bald da?" Am Walde angekommen,
werden sie angeleint. Einige hundert Schritte vom Ban entfernt
wird der ganzen Jagdgesellschaft Ruhe geboten. Leise nähert man
sich dem Bau, damit der Dachs nicht argwöhnisch wird. Tie Jäger
binden die Hunde an die nächsten Bäume, legen die Rucksäcke ab,
laden die Gewehre und stellen sich auf der Mitte des Baues, die
Rücken einander zugekehrt, so auf, daß jeder eine Hanptröhre im
Auge behält; denn es gilt, den Dachs zu schießen, falls er beim
Einschlüpfen des Hundes sofort springt. Einer der schärfsten Dachs¬
hunde wird gelöst und in eine Hanptröhre hineingelassen. Der Hund
gibt sofort durch Bellen zu erkennen, daß der Bau bewohnt ist.
Alle horchen, die Flinte in Bereitschaft, das Auge ans die Röhre ge-