‘270
Nachdem man aber seit drei Jahrzehnten begonnen hat,
die alten Stadtmauern abzutragen und den Graben aus¬
zufüllen, dehnt sich Augsburg rasch nach allen Seiten aus.
Der Südwesten ist ein ganz neuer Stadtteil mit breiten,
luftigen Strassen und stattlichen Häusern, im Norden aber
sind die beiden volkreichen Vorstädte links und rechts dei
Wertach entstanden.
Wasserreiche Kanäle durchschneiden die östlichen Teile
der Stadt; eine neue Wasserleitung führt gutes Trinkwasser
in jedes Haus. Von Augsburg aus laufen fünf Eisenbahn¬
linien nach allen Himmelsgegenden; eine Ringbahn ver¬
bindet die verschiedenen Fabrikanlagen untereinander und
mit dem Bahnhöfe. Eine Pferdebahn durchzieht die Stadt
nach verschiedenen Richtungen bis in die Vororte Göggingen,
Pfersee, Oberhausen und Lechhausen.
Viele schöne, grofsartige alte Bauten stehen noch als
Zeugen der Prachtliebe und des Gemeinsinnes der alten
Augsburger; ihren Wohlthätigkeitssinn aber beweisen eine
Menge Stiftungen und Anstalten, die zur Fürsorge für die
Armen, Alten, Schwachen und Kranken gegründet worden
sind. Am Ludwigsplatze, früher Perlach, im Volksmunde
aber gewöhnlich Eiermarkt genannt, erhebt sich das
prächtige, von 1615 bis 1650 von Elias Holl erbaute
Rathaus mit dem herrlichen Goldenen Saal. Von
kirchlichen Bauten sind der zweitürmige Dom und
die St. Ulrichskirche die bedeutendsten; beide enthalten
hervorragende Kunstschätze. — In der Jakober Vorstadt
befindet sich die 1519 von Jakob Fugger, dem Reichen,
gestiftete Fuggerei: 53 Häuser mit je 2 Wohnungen,
die an arme katholische Familien gegen Entrichtung von
allerlei Gebühren im Gesamtbeträge von 4 M. 12 Pf.
jährlich abgegeben werden. Die reiche St. Jakobspfründe
und die sehr bemittelte Hospitalstiftung zum hl. Geist
dienen zur Aufnahme älterer bürgerlicher Personen beider
Konfessionen.
Gedenktafeln an vielen Häusern geben Kunde von
hervorragenden Personen, die da gelebt, und von wichtigen
Ereignissen, die sich da zugetragen haben. Aber auch die