Der Verkehr der Neuzeit. 35
Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts erfolgte in den eben geschilderten
Verkehrsbeziehungen ein gewaltiger Umschwung. Durch die Entdeckung Amerikas
im Jahre 1492 und die Auffindung des Seeweges nach Indien wurden dem
Verkehre neue Bahnen gewiesen.
Der Verkehr der Neuzeit.
Bis zum Beginn der Neuzeit war das Mittelmeer die Hauptstütte des
Seeverkehrs gewesen. Jetzt verschob sich sein Schauplatz auf das offene Welt-
meer. Es beginnt die ozeanische Periode. Die Welt Handelswege sind
jetzt rein ozeanisch; hatte man doch schon gelernt, mit dem Segelschiff das Welt-
meer zu befahren, und auch der Kompaß war bereits seit dem 14. Jahrhundert
durch die Italiener in der europäischen Seefahrerknnft eingeführt worden. Des-
gleichen hatten die Fortschritte der Mathematik und Astronomie sowie des Karten-
Wesens die Vorbedingungen für die Erfolge der Entdeckerfahrten in den nächsten
Jahrhunderten geliesert.
Zunächst erscheinen die dem Ozean nahe gelegenen Länder Portugal und
Spanien als die führenden Seemächte. Die spanischen Silberflotten kreuzten
den Atlantischen Ozean, und die Portugiesen holten auf langer, gefahrvoller See-
reise um das Kap die ersehnten Schätze Indiens: Gewürze, Perlen und Edel-
steine. Bald aber treten mit den genannten Ländern Frankreich, die von
Spanien abgefallenen Niederlande und England in erfolgreichen Wettbewerb.
Schließlich wurden auch Frankreich und die Niederlande von England überflügelt,
so daß dieses zu Beginn des 19. Jahrhunderts sich die Herrscherstellung zur See
errungen hatte.
In der ozeanischen Periode erfolgte auch die Erdumsegelung Magellans
und die Entschleierung der Südsee durch James Cook; die europäische Schiffahrt
umspannt demnach von 1500—1800 allmählich den ganzen Erdball; gleichwohl
blieb vorerst der Hauptschauplatz des Seeverkehrs in diesem Zeit-
räum der Atlantische und der Indische Ozean.
Im Landverkehr ergaben sich in dieser Periode bedeutende Änderungen.
Jusolge der Auffindung der neuen Seewege verödeten allmählich die Straßen,
auf denen der früher so lebhafte Verkehr zwischen Italien und Deutschland sich
bewegte, wie auch die Pfade, welche der Handel der Hansa einschlug. — Der
Zustand der Straßen war auch in dieser Periode höchst unbefriedigend. Noch
um 1800 gehörte Deutschland nach dem Urteile weitgereister Männer zu den
Ländern mit recht schlechten Straßen. Erst durch den Einfluß Napoleons ent-
standen hier bessere Straßen. Doch gehört auch ein sehr erfreulicher Fortschritt
auf dem Gebiete des Verkehrs dieser Periode an. Seit etwa 1500 hat sich
nämlich in Deutschland und Frankreich eine Staatspost entwickelt, die sich im
Gegensatz zur römischen Staatspost nicht bloß den Regierungen, sondern auch
den Völkern außerordentlich vorteilhaft erwies. — Ein weiterer Fortschritt in der
Verkehrstechnik dieses Zeitraumes, der ebenfalls dem Landverkehr sehr zustatten
kam, ist die Erbauung künstlicher Wasserstraßen, die Verbindung der Ströme
durch Kanäle. Im Altertum und Mittelalter konnte man wohl Kanüle im
Flachland anlegen; Kanäle mit Überwindung von größeren Unebenheiten des