Full text: Sang und Spruch der Deutschen (Band 3)

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Hans Sachs. 
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Herr Gott Vater, mein starker Held 
du hast mich ewig für der Welt 
in deinem Sohn geliebet. 
Dein Sohn hat mich ihm selbst vertraut; 
er ist mein Schatz, ich bin sein Braut, 
sehr hoch in ihm erfreuet. 
Eya, 
eya, 
himmlisch Leben 
wird er geben 
mir dort oben; 
ewig soll mein Herz ihn loben. 
Zwingt die Saiten in Cithara 
und laßt die süße Musica 
ganz freudenreich erschallen, 
daß ich möge mit Jesulein, 
dem wunderschönen Bräutgam mein, 
in stäter Liebe wallen. 
Hans 
Singet, 
springet, 
jubilieret, 
triumphieret, 
dankt dem Herren! 
Groß ist der König der Ehren. 
Wie bin ich doch so herzlich froh 
daß mein Schatz ist das A und O, 
der Anfang und das Ende! 
Er wird mich doch zu seinem Preis 
aufnehmen in das Paradeis: 
des klopf ich in die Hände. 
Amen, 
Amen, 
komm, du schone 
Freudenkrone; 
bleib nicht lange! 
Deiner wart ich mit Verlangen. 
Sachs. 
Zu Nürnberg 1494 geboren, eines Schneiders Sohn, lernte er nach guter Schulbildung das Schusterhandwer!. 
Im Meistergesang ward er von dem Webergesellen Lienhard Nunnenbeck unterwiesen. Heimgekehrt von fünf¬ 
jähriger, lehrreicher Wanderschaft, ward er 1b20 Meister. Nach ernstem innerlichen Ringen schloß er sich 
einige Jahre später der neuen Lehre Luthers an und bekannte sich zu ihr in einem großen allegorischen 
Gedichte von der „Wittenberger Nachtigall, die man jetzt höret überall". Allmählich zu hohem Ansehen in 
seiner Vaterstadt gelangt, starb er nach einem ernsten, fleißigen Bürgerleben im Jahre 1576. — 6200 Werke, 
darunter 4400 Meistersänge hat er hinterlassen, etwa 1800 Spruchgedichte und ein paar hundert dramatische 
Werke. Glücklicher, frischer Humor, muntere Laune, sittenrciner Bürgersinn, aufrichtige Frömmigkeit, warme 
Vaterlandsliebe: das alles wohnt in seinem Herzen: und er versteht es, diese Gesinnungen mit schöpferischer 
Gestaltungskraft und wunderbarem Sprachgeschick dem mannigfaltigen Stoffe einzuhauchen, den ibm eine um¬ 
fassende Bildung zuführt. Er ist in seinem schlichten, sinnigen, echt deutschen Gemüte Herr über den Stofs, 
und so entstehen diese unvergänglichen Dichtungen von köstlicher Ursprünglichkeit und biederer deutscher 
Volkstümlichkeit. 
7. Der Bauer mit dem Tod. 
Schwank. 
Ein Bauer wollt gwinn ein Gvattern. 
Da bekam ihm vor seinem Gattern 
unser Herrgott und sprach: „Wo hin?" 
Er sprach: „Ein Gvattern ich gwinn." 
»Der Herr sprach: „Gewinn mich, mein 
Mon!" 
Er sprach: „Das selb will ich nit ton; 
wann du teilst dein Güt ungeleich, 
machst ein'n arm und den andern reich." 
Nach dem bekam ihm auch der Tod, 
"der sich zu eim Gvattern erbot; 
wo er ihn nahm zu diesen Sachen, 
wollt er ein Arzet aus ihm machen, 
daß er würd reich in kurzer Zeit. 
Die Gvatterschaft er ihm zuseit. 
"Der Tod hub aus dem Tauf das Kind, 
lehrt sein Gvattern die Kirnst geschwind 
und sprach: „Wenn du gehst zu eim 
Kranken, 
so hab nur auf mich dein Gedanken: 
wenn ich steh bei des Kranken Naupt, 
"so muß der Krank sterben; (gelaubt!) 
steh ich aber bei's Kranken Füßen, 
so mügt ihr ihm sein Krankheit büßen." 
Im Dorf lag krank ein reicher Baur, 
zu dem der Arzt kam und sah säur. 
-2 Der Krank den Arzt hieß willigkumm, 
der sah bald nach seim Gevattern um, 
der dort bei's Kranken Füßen stund. 
Der Arzt sprach: „Willt du werden 
gsund, 
so gib mir zwölf Gülden zu Lohn." 
->°Er sprach: „Das will ich geren ton." 
Bald er den Kranken tät gsundmachen, 
würd er berühmet in den Sachen. 
Bald er ging zu eim Kranken ein, 
sah er auf den Gevattern sein: 
äs stund er beim Haupt — der Kranke starb, 
bei'n Füßen — Gsundheit er erwarb. 
Nach ihm man schicket in die Städt, 
viel Geldes er verdienen tät. 
Als dies währet auf zehen Jahr, 
»«Kam der Gvatter Tod zu ihm dar 
zu'n Häupten; sprach: „Hört, Gvatter 
ihr, 
macht euch bald auf, ihr müßt mit mir!" 
Der Arzt sprach: „Tut mich nit ver¬ 
späten, 
laßt mich ein Vaterunser beten!
	        
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