16 Die europäischen Staaten und ihre Kolonien.
Siedelungen. Die Lage der norditalienischen Städte ist durch den Zug der
großen Verkehrsstraßen bestimmt. Am oberen Po, wo die Straßen aus Frankreich
zusammentreffen, liegt Turin (430000 Einw.), eine der schönsten Städte Europas
und die Hauptstadt des kernigen Volksstammes der Piemontesen; zugleich ein Haupt-
sitz italienischer Wissenschaft, Handels- und Jndnstrietätigkeit.
Am Vereinigungspunkte der aus der Schweiz kommenden Alpenstraßen er-
wuchs das verkehrsreiche Mailand (600000 Einw.), viel von Fremden besucht
wegen seines herrlichen Marmordomes, zugleich die größte Stadt Norditaliens
und Hauptplatz der norditalienischen Seidenindustrie. Den Ausgang der Brenner-
straße beherrscht die starke Festung Verona.
Venedig (160000 Einw.), nach dem vom Festland aus eine lange Eisen-
bahnbrücke hinüberführt, war im Mittelalter die reichste und mächtigste Handels-
republik Europas. Von seiner einstigen Größe zeugen noch jetzt viele Kunstbauten,
vor allem die zahlreichen Kirchen und Paläste, darunter die Markuskirche mit ihren
vielen Kuppeln und minaretartigen Türmen und der Dogenpalast. Die veränderten
Verkehrswege der Neuzeit haben den Niedergang der Stadt herbeigeführt. Heute
ist Venedig in erster Linie eine Stadt des Fremdenverkehrs, der namentlich durch die
herrlichen Kunstschätze veranlaßt ist.
Südlich vom unteren Po, in der sogenannten „Emilia", bestanden ehedem
mehrere kleine Fürstentümer, welche besonders eifrig die Pflege der Kunst betrieben;
in Ferrara z. B. regierten die Este, an deren Hos der berühmte italienische Dichter
Tasso weilte. Von anderen Wohnorten sind hier noch zu nennen die ehemaligen
Residenzen Parma und Modena, das aus der Geschichte berühmte Canossa
und Bologna (170000 Einw.), das bereits im Mittelalter als die Stadt der Rechts-
gelehrten berühmt war und heute ein wichtiger Kreuzungspunkt von Bahnen ist.
Von hier aus setzt sich die vom Mont Eenis über Turin führende Linie über Ancona
nach Brindisi fort, dem Ausgangspunkt von Dampferlinien nach Indien, Ost-
asien und Australien; zugleich zweigt von Bologna jene Hauptlinie ab, die über
Florenz und Rom nach Neapel führt. Östlich von Bologna, unfern der Adria, liegt
Ravenna, die Residenz der letzten römischen Kaiser, dann Odoakers und des Ost-
gotenkönigs Theodorich des Großen. Zur Zeit der Römer war es noch Hafenstadt.
Die eigentliche Halbinsel Italien.
Diese wird vom Kettengebirge des Apennin in einem nach SW offenen Bogen
durchzogen und ist überwiegend Gebirgsland (teils Faltengebirge, teils Vulkane).
Auf der Innenseite dieses Bogens liegen die für die Geschichte des Landes
wichtigsten Landschaften: das Küstenland Ligurien, die Küstenebenen des Arno,
Tiber, Garigliano (gariljano) und Volturno.
Ligurien. Der Haupterwerb der Bevölkerung Liguriens besteht bei dem Mangel
an Ackerbauflächen in Fischfang und Schiffahrt. Die Küstenorte sind noch heute der
Hauptsitz der italienischen Reederei. Neuestens bildet eine sehr wichtige Einnahme-
quelle der Bevölkerung der starke Zufluß von Fremden während der Wintermonate.
An der durch das Gebirge gegen Norden geschützten Küste, der sogenannten Riviera,
sind nämlich die Winter sehr mild, weshalb der Schonung und Erholung Bedürftige
in der rauhen Jahreszeit vielfach hierher eilen. Bedeutende Winterkurorte sind