527 Poesie. — Balladen und Romanzen.
5. Blast die Hörner! bringt das Roß, 11. Von dem hohen Dom zu Spehe
Das mich oft zur Schlacht getragen!“ Hört man dumpf die Glocken schallen;
Zaudernd stehn die Diener all'; Ritter, Bürger, zarte Frau'n
Doch er ruft: „Folgt ohne Zagen!“ Weinend ihm entgegen wallen.
6. Und das Schlachtroß wird gebracht. 12. In den hohen Kaisersaal
„Nicht zum Kampf, zum ew'gen Frieden, Ist er rasch noch eingetreten;
Spricht er, trage, treuer Freund! Sitzend dort auf goldnem Stuhl
Jetzt den Herrn, den lebensmüden!“ Hört man für das Volk ihn beten.
7. Weinend steht der Diener Schaar, 13. „Reichet mir den heil'gen Leib!
Als der Greis auf hohem Rosse, Spricht er dann mit bleichem Munde,
Rechts und links ein Capellan, Drauf verjüngt sich sein Gesich
Zieht halb Leich' aus seinem Schlosse. Um die mitternächt'ge Stunde.
8. Trauernd neigt des Schlosses Lind' 14. Da auf einmal wird der Saal
Vor ihm ihre Aeste nieder, Hell von überird'schem Lichte,
Vögel, die in ihrer Hut, Und verschieden sitzt der Held,
Singen wehmuthsvolle Lieder. Himmelsruh' im Angesichte.
9. Mancher eilt des Wegs daher, 15. Glocken dürfen's nicht verkünden
Der gehört die bange Sage, Boten nicht zur Leiche bieten,
Sieht des Helden sterbend Bild Alle Herzen längs des Rheins
Und bricht aus in laute Klage. Fühlen, daß der Held verschieden.
10. Aber nur von Himmelslust 16. Nach dem Dome strömt das Voll
Spricht der Greis mit jenen zweien; Schwarz unzähligen Gewimmels;
Lächelnd blickt sein Angesicht, Der empfing des Helden Leib,
Als ritt er zur Lust im Maien. Seinen Geist der Dom des Himmels.
306. E. Ebert: Frau Hitt.
1. Wo schroff die Straße schwindlig jäh 6. So klagte sie bitter und weinte sehl
Hernieder leitet zum Inn, Als Lärmen ans Ohr ihr schlug;
Dort saß auf der mächtigen Bergeshöh' Mit Jauchzen trabte die Straße einher
Am Weg eine Bettlerin. Ein glänzender Reiterzug.
2. Ein nacktes Kind lag ihr im Arm 7. Voran auf falbem, schnaubendem
Und schlummert' in süßer Ruh', Roß
Die zärtliche Mutter hüllt' es warm Die herrlichste aller Frau'n,
Und wiegt' es und seufzte dazu: Im Mantel, der strahlend vom Nacken
3. „Du freundlicher Knabe, du lieb⸗ ihr floß,
liches Kind, Wie ein schimmernder Stern zu schaun.
Dich zieh' ich gewiß nicht groß, 8. Die strahlende Herrin war Frau
Bist ja der Sonne, dem Schnee und Hitt,
dem Wind Die Reichste im ganzen Land,
Und allem Elend bloß. Doch auch die Aermste an Tugend und Sitt
4. Zur Speise hast du ein hartes Die rings im Lande man fand.
Brot, 9. Ihr Goldroß hielt die Stolze an
Das ein andrer nimmer mag, Und hob sich mit leuchtendem Blick
Und wenn dir jemand ein Aepflein bot, Und spähte hinunter und spähte hinan
So war es dein bester Tag. Und wandte sich dann zurück:
5. Und blickt doch, du Armer, dein 10. „Blickt rechts, blickt links hin in
Auge hold, die Fern',
Wie des Junkers Auge, so klar, Blickt vor⸗ und rückwärts herum!
Und ist doch dein Haar so reines Gold, So weit ihr überall schaut, ihr Herrn
Wie des reichsten Knaben Haar.“ Ist all' mein Eigenthum.
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