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10. Der erste Freiheitskrieg. 1813 und 1814.
„Daß für die Freiheit meine Väter starben,
Das deuten, merkt es, meine Farben an."
Gut und Blut haben unsere Vorfahren frendig eingesetzt in den
Kämpfen des großen Befreiungskrieges von 1813 — 1815. Dieses
hochherzige Beispiel wird nns ein kräftiger Ansporn zur Nachahmung
sein, wenn noch einmal schwere Zeiten der Heimsuchung über unser ge¬
liebtes Vaterland hereinbrechen sollten. Dann soll es laut erklingen:
„Nie werd' ich bang verzagen;
Wie jene will ich's wagen."
Die Schlacht bei Großgörschen. Napoleon hatte in Frankreich
rasch ein neues Heer gesammelt und zog den verbündeten Preußen nnd
Russen entgegen. Voll Wut über die preußische Kriegserklärung drohte
er, den preußischen Namen ganz ans der Reihe der Völker auszu¬
löschen. Aber es kam anders. Da der König von Sachsen sich noch '
nicht entschieden hatte, auf welche Seite er treten sollte, zogen die Ver¬
bündeten nach Sachsen, um thu zum Anschluß zu bewegen. Auch
Napoleon rückte zu demselben Zwecke dahin. Bei Großgörschen,
in der Nähe von Lützen, entbrannte am 2. Mai die erste blutige
Schlacht des Befreiungskampfes.x) General Blücher führte die Preußen,
Graf Wittgenstein, der Oberbefehlshaber des ganzen Heeres, die Russen.
Mit lautem Jubel gingen die preußischen Truppen zum Angriff über,
und ihrer unwiderstehlichen Tapferkeit gelang es, Großgörschen zu
nehmen. Aber Napoleon trieb immer neue Scharen mit feurigen
Worten in den Kampf. Blücher verließ das Schlachtfeld nicht, obwohl
ihn bereits 3 Kugeln verwundet hatten. Scharnhorst stürmte in das
dichteste Getümmel und sank schwer verwundet zu Bode». Da ließ
Napoleon in einer Linie 80 Geschütze auffahren, deren mörderisches
Feuer ganze Reihen niederriß. Trotzdem behaupteten die Verbündeten
bis in die Nacht das Schlachtfeld. Die Preußen hatten keine Fahne
und keine Kanone verloren. „Das sind die Preußen von Jena nicht
mehr," sagte Napoleon.
Die Verbündeten zogen sich nun über die Elbe zurück. Infolge
dessen fiel der größte Teil von Sachsen wieder in die Hände der
Franzosen; der König von Sachsen mußte auf Seite des Fremd¬
herrschers treten.
Die Schlacht bei Bautzen. Jenseits der Elbe entbrannte bei
Bautzen am 20. nnd 21. Mai eine zweite Schlacht. Trotz helden¬
mütigen Widerstandes behielt Napoleon auch hier mit seiner Über¬
macht schließlich die Oberhand. Aber er hatte nichts gewonnen, als
ein mit Blut und Leichen bedecktes Feld. „Wie," rief er aus, „nach
solchem Blutbad keine Gefangenen, keine Geschütze, keine Fahnen! Diese
Leute werdeu mir nicht einen Nagel zurücklassen!" Der Rückzug der
Verbündeten geschah in solcher Ordnung und mit solchem Widerstande,
daß die Preußen den nachrückenden Franzosen noch eine derbe Lektion
i) Napoleons Stiefsohn Vicekönig Eugen war schon am 5. April von den
Preußen unter Iork durch ein siegreiches Treffen bei Möckern zum Rückzüge auf
Magdeburg und auf das linke Elbufer genötigt worden.
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