Full text: Heimatkunde für die Provinz Rheinland (Rheinland)

8 Heimatkunde für die Provinz Rheinland. 
ihrer Stimme. Er nötigte die Schiffer, an das felsige Ufer zu fahren,- dann sprang er 
aus dem Nachen, um zu der Jungfrau hinaufzueilen. Aber er hatte den Sprung zu 
kurz genommen und versank in dem Strome, dessen schäumende wogen schauerlich 
über ihm zusammenschlugen. 
Oie Nachricht von dieser traurigen Begebenheit kam schnell zu den Vhren des 
Pfalzgrafen. Schmerz und Wut zerrissen die Seele des armen Vaters. Er erteilte 
auf der Stelle den strengen Befehl, ihm die Unholdin tot oder lebendig zu überliefern. 
Einer seiner Hauptleute übernahm es, den willen des Pfalzgrafen zu vollziehen. Doch 
bat er es sich aus, daß er die hexe ohne weiteres in den Rhein stürzen dürfe, damit 
5>bb. 7. St. Goar und Ruine Rheinfels. (Nach: „Oer Rhein". Verlag der ttunstanstalt 
Gerhard Blümlein & To,, Frankfurt a. M.) 
sie sich nicht vielleicht durch lose Künste wieder aus Kerker und Banden befreie. Oer 
Pfalzgraf war damit zufrieden. Nun zog der Hauptmann gegen Abend aus und um- 
stellte mit seinen Reisigen den Berg. Er selbst nahm drei der Beherztesten aus seiner 
Schar und stieg die Lurlei hinan. Die Jungfrau satz oben auf der Spitze und hielt eine 
Schnur von Bernstein in ihrer lilienweißen Hand. Sie sah die Nlänner herankommen 
und rief ihnen zu, was sie hier suchten. „Dich, verwünschte Zauberin!" antwortete 
der Hauptmann, „du sollst einen Sprung in den Rhein hinunter machen." — „Ei," 
sagte die Jungfrau lachend, „der Rhein mag mich holen!" Bei diesen Worten warf 
sie die Bernsteinschnur in den Strom hinab und sang mit schauerlichem Ton: 
„Vater, Vater, geschwind, geschwind, 
Die weißen Rosse schick deinem Kind, 
E? will reiten mit wogen und wind."
	        
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