336
gründe das wild romantische, im bläulich, violetten Duft aufsteigende
Hochgebirge der Alpenkette, das in hohen, schroffen und nackten Fels-
rücken aus den dunklen Olivenwäldern sich erhebt oder in klippiger
Zerrissenheit sich bis an den Wasserspiegel herandrängt; der blaue
Himmel, das glänzende Gewölk, welches des Gebirges Riesenhäupter,
die Gipfel des Monte Baldo im Nordosten umschwebt: das alles
vereinigt sich in der That zu einem Bilde, das sich durch das matte
Wort nicht beschreiben läßt.
Verfolgt man die östliche Richtung am Gestade des Seees weiter,
so gelangt man am niedrigen, teilweis sumpfigen Ufer nach Peschiera,
einer der drei Festungen, die früher Osterreich wie eine Löwenklaue in
das italienische Königreich hineinschlug. Vou da geht's in nördlicher
Richtung an der Ostkllste weiter nach dem südlichen Ausläufer des hohen
Monte Baldo, der an dieser Seite ziemlich zwei Dritteile des über
sieben Meilen langen Seees begrenzt. Von diesem Ausläufer sind die
Gardafelsen, an deren Fnße an einer weiten Bucht das Städtchen
Gar da liegt, das dem See den Namen gegeben, gewissermaßen die Vor-
Posten. Noch weiter hinauf nach Norden steigen die schroffen Felsen-
wände hinter den das Gestade umsäumenden Olivenwäldern wild empor
in mächtigen Schichten, wie mit einem Riesendamme die Etsch vom
Bette des Seees abdrängend. Ganz am nördlichen Ende des Seees
öffnet sich im wilden Gebirge nach Tirol hinein das enge Sarkathal,
als dessen erweiterte Verlängerung der See eigentlich zu gelten hat,
denn an seinem nördlichen Ende nimmt er den Sarkaslnß auf. der
am südlichen Ende bei Peschiera als Mincio seinen Lauf fortsetzt.
Auch auf der westlichen Seite ist der See im Norden vom wilden
Gebirge umschlossen, das sich steil in das klare Gewässer hinabsenkt und
seine Wildbäche in schäumenden Wasserfällen mit der blaugrünen Flut
vereinigt. Der Monte Fraine schließt aber dies steile Ufer etwa
auf ein Dritteil der Seelänge schon ab und giebt dem herrlichen Busen
von Garguano Raum. Von hier beginnt nun. sich fort nach dem
Süden erstreckend, die liebliche Ufergegend, die sich stark bevölkert und
reich bebaut zwischen dem See und dem zurückweichenden Gebirgskamme
dahinzieht. Garguana mit den drei folgenden Ortschaften: Villa,
Bogliaco und San Pietro gewähren einen Anblick, wie eine einzige
prächtige Stadt, deren weiße, malerische Häuser, zierliche Kirchen und
Paläste mit Citronengärten abwechseln und in dem klaren Gewässer sich
zauberisch widerspiegeln.
Bei dem lebendigen Städtchen Salo. das an dem größten und
schönsten Busen des Seees liegt, endet der westliche, in mehreren Zweigen
auslaufende Gebirgsrücken im Monte Pennino, und von nun an
bildet das Gestade bloßes Hügelland bis nach Desenzano.
Der Gardasee ist über sieben Meilen lang und eine halbe bis zwei
Meilen breit. Die Durchsichtigkeit und Klarheit der Wasserfläche, die
nie vom Eise bedeckt wird, läßt weit in die Tiefe hinabschauen, wo