72 Zweiter Teil. Die natürlichen Wirtschaftsgebiete Dentschlands.
Draußen imsächsischenFlachland freilich tauchen wiederum
ansehnliche Braunkohlenlager bei Borna, Grimma und Kamenz auf (Ge¬
samtproduktion einschließlich der Gruben von Zittau in der Lausitz jährlich
rund 2 Millionen Tonnen im Werte von fast 6 Millionen Mark). Auch
hier liegen reich ertragfähige Landschaften, vor allem um Leipzig, Borna
und in der sog. Lommatzscher Pflege, Sachsens Kornkammer. Man baut
dort außer Getreide (Weizen) hauptsächlich Zuckerrüben, Gurken, Zwiebeln
(allein bei Borna an 50 000 Ztr. jährlich), Zichorie und Sellerie.
In den kleineren Orten des sächsischen Hügellandes gibt es Papierfabriken,
Tapeten-, Teppich- und Maschinenfabriken (Wurzen), Strumpfwirkereien (De¬
litzsch), Baumwollspinnereien (Döbeln), Gerbereien, Schuh- und Handschuh¬
fabriken (Altenburg und Zeitz).
Sachsens politische Hauptstadt, Dresden (547), liegt in der Nähe des selt¬
sam geformten und vielbesuchten Elbsandsteingebirges mitten in dem erweiterten
Elbtale zwischen Pirna und Meißen, welch letzteres mit seinen Obsthainen, Erdbeer¬
pflanzungen, Rebengeländen und Gemüsefeldern als einer der gesegnetsten Striche
Deutschlands gelten darf. Dieser Umstand und die Bedeutung der Elbe als Ver¬
kehrsader zwischen Österreich und dem Reiche boten die Grundlagen für die Ent¬
wicklung der Stadt, welche als das „norddeutsche München" sowohl hinsichtlich ihrer
kostbaren Kunstwerke als hinsichtlich ihrer behaglich heiteren Bevölkerung und ihres
stark hervortretenden Fremdenbesuches gelten kann. Daneben betätigt sich hier der
sächsische Gewerbefleiß in Kunstgärtnerei, Kunsttischlerei, Kunstschlosserei, Kunstgießerei,
Glas-, Maschinen-, Zigarren- und Papierfabrikation sowie in der Herstellung che¬
mischer Produkte. — Ins Bereich des Elbtales mit seinen prächtigen Gartenfeldern
gehört ferner noch Meißen, das die in der Nähe aufgefundenen Lager von Por¬
zellanerde seit zwei Jahrhunderten verarbeitet. — Zuckersiedereien findet man in
Köthen und Dessau, den Hauptorten der Fruchtauen Anhalts, während
Zerbst Bierbrauereien und Brantweinbrennereien, Burg endlich bedeutende
Tuchfabriken aufweist.
In der weiten Tieflandbucht der Elbe fand auch Leipzig (588) seine Stelle,
am Kreuzungspunkt der Wege von Halle, Wittenberg und Torgau nach dem Süden
und von der Thüringischen Pforte (an der mittleren Saale) nach Dresden, der Lausitz
und Schlesien. (Acht Bahnlinien.) Leipzig ist Sachsens erster Handelsplatz, „das
große Kaufhaus für die Industrie des Landes". Es ist die typische Stadt für Sachsens
gewerbliche und Handelstätigkeit. Es hat sich zur Zentrale des deutschen Buchhandels
und der deutschen Buchdruckerei*) sowie zum beherrschenden Platz für Rauchwerk in
Europa neben London aufgeschwungen. Außerdem blühen hier die polygraphischen
Gewerbe, die Papier- und Wäschefabrikation, Eisengießerei und Maschinenfabri¬
kation, die Herstellung von berühmten Klavieren und Wollgeweben.
Zum sächsischen Elbegebiet gehört auch teilweise die Lausitz. Sie
liegt an der Nordabdachung des Lausitzer Berglandes und hat Spree und
Görlitzer Neiße als Hauptgewässer. Sie zerfällt in zwei deutlich gesonderte
Gebiete: die Oberlaufitz und Niederlausitz. Jene hat teils
bergiges, teils hügeliges Gelände. Sie hat als bedeutsamste Orte Zittau
1) Der Anteil Leipzigs am Buchhandel drückt sich am auffälligsten im buch¬
händlerischen Kommissionswesen aus. Dieses wird an den 7 Hauptkommissions¬
plätzen (Leipzig, Stuttgart, Berlin, Wien, Prag, Budapest und Zürich) von 250
Kommissionen besorgt, von denen 156 allein auf Leipzig entfallen.