Der dreißigjährige Krieg; der böhmische Krieg. 29? 
Der Graf von Thurn bemächtigte sich jetzt als „Generallieutenant" 
der Stadt Prag, ließ die Einwohner den Eid der Treue schwören und 
dreißig Direktoren ernennen, welche die Regierung Böhmens bilden 
sollten. Diese vertrieben die Jesuiten aus Böhmen , während Thurn 
rüstete und sich aller festen Plätze des Landes bemächtigte. Dann sandte 
die Union unter dem, Grafen von Mansfeld 4000 Mann, die 
in das Erzherzogtum Östreich einbrachen und den Aufstand auch über 
Mähren, Schlesien und die Lausitz verbreiteten. Die böhmischen Prote¬ 
stanten bildeten bei weitem die Mehrzahl im Lande und waren den 
Östreichern überlegen, um so mehr, da auch die protestantischen Stände 
Östreichs zu ihnen hielten. Aus solcher Not befreite der Tod den Kaiser 
Matthias. Ihm folgte Ferdinand II. (1619—1637); von ihm konnten 
die Protestanten nichts Gutes erwarten (S. 295). Schon im Juni 1619 
stand Thurn mit einem böhmischen Heere vor Wien, um Ferdinand 
in seiner eigenen Hauptstadt anzugreifen. Die zahlreichen Evangelischen 
der Stadt hielten es mit den Belagerern, und bald flogen die böhmischen 
Kugeln in die kaiserliche Burg. Ja, es drangen sogar 16 östreichische 
Edelleute in das kaiserliche Zimmer, um von dem Kaiser ähnliche Vor¬ 
rechte zu ertrotzen, wie sie die Böhmen durch den Majestäisbrief besaßen. 
Einer derselben soll Ferdinand sogar bei einem Knopfe seines Wamses gefaßt 
und dabei drohend gesagt haben': „Nun, Nandel, willst du unterschreiben, 
oder nicht?" In demselben Augenblicke kamen Kürassiere dem Kaiser zu 
Hülfe. Angstvoll stoben die Edelleute auseinander; Thurn mußte nach 
Böhmen zurück, wo kaiserliche Truppen bereits Prag bedrohten. Die 
Unschlüssigkeit der Böhmen, sowie Uneinigkeit zwischen Thurn und 
Mansfeld' ermöglichten es Ferdinand, größere Rüstungen zu machen und 
sich zur Kaiserwahl nach Frankfurt zu begeben. Sachsen hatte er schon 
für sich gewonnen, die Stimmen der geistlichen Kurfürsten waren ihm 
sicher, und Böhmens Stimme führte er selbst. Umsonst machten Branden¬ 
burg und Pfalz Einwendungen; Ferdinands Wahl wurde als eine ein¬ 
stimmige verkündigt. Schon während der Festlichkeiten in Frankfurt kam 
hier die Nachricht an, daß Böhmen und die Erzherzogtümer Östreichs 
Ferdinand „als einen Erbfeind der Gewissensfreiheit und Sklaven 
Spaniens und der Jesuiten" verworfen und die Regierung ihres Landes 
dem Haupte der Union, dem Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, 
übertragen hätten. Dieser war ein schwacher, zwanzigjähriger Jüngling 
und zögerte anfangs, der Wahl zu folgen. Seine Mutter,' eine Tochter- 
Wilhelms von Oranien, riet ab; aber fein Hofprediger stellte ihm die 
Annahme der Krone als Pflicht gegen seine Glaubengenossen vor, und 
seine Gemahlin, eine Tochter des Königs von England/sprach: „Konntest 
du dich vermessen, die Hand nach einer Königstöchter auszustrecken, und 
dir bangt vor einer Königskrone, die man dir freiwillig bringt? D, ich 
will an einer Königstafel lieber Brot essen, als an einer kurfürstlichen 
schwelgen!" Als Friedrich die Wahl annahm, rief seine Mutter ahnungs¬ 
voll: „Nun geht die Pfalz in Böhmen!" Ferdinand schloß auf seiner 
Rückreise mit seinem Freunde Maximilian in München ein Bündnis. 
Letzterer behielt sich die alleinige Leitung der Liga vor, wollte aber als¬ 
dann alles zur Rettung des Kaisers und der Kirche aufbieten. Unter
	        
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