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durch ihre Reinlichkeitsliebe und ihre Mäßigkeit. Und die erstge¬ 
nannte Eigenschaft, die mit den religiösen Anschauungen der Japaner 
eng zusammenhängt, ist es, die ihnen unter allen mongolischen Völ¬ 
kern eine isolierte Stellung verleiht. Rühmenswert sind ferner das 
höfliche und freundliche Benehmen der Japaner im gesellschaftlichen 
Umgange, das heitere, glückliche Familienleben, die Ehrerbietung 
gegen die natürlichen Autoritäten, das Bildungsbestreben und die 
Vaterlandsliebe des japanischen Volkes. Das Vorherrschen des Ver¬ 
standes, gegen den die Phantasie auffällig zurücktritt, ist eine Eigen¬ 
tümlichkeit, die wir bei allen Völkern mongolischer Rasse vorfinden. 
Ihre Kunsterzeugnisse zeichnen sich darum wohl durch eine gewisse 
Vollkommenheit, durch Akuratesse aus, lassen aber den idealen 
Schwung vermissen. Neben Talent und Streben macht sich nicht 
selten Oberflächlichkeit und Mangel an schöpferischer Kraft bemerkbar. 
Gesetzlich ist dem Japaner die Vielweiberei erlaubt, doch be¬ 
gnügen sich die meisten mit einer Frau. Männer treten gewöhnlich 
mit dem 20., Mädchen schon mit dem 15. Jahre in die Ehe. Frauen 
und Mädchen genießen in Japan große Freiheiten, doch lobt man 
ihren züchtigen und eingezogenen Wandel. Die Kinder werden ein¬ 
fach und naturgemäß erzogen, an den Wechsel der Witterung ge¬ 
wöhnt und ihren Neigungen und Spieleu überlassen. Später besuchen 
sie die Volksschule. Eine solche findet sich selbst in jedem Dorfe, 
und Unkenntnis im Lesen und Schreiben findet man darum im japa¬ 
nischen Volke nicht häufig. Die Mädchen erhalten sogar Unterricht 
in den weiblichen Handarbeiten. Um das höhere Schulwesen war 
es bis vor kurzem noch mangelhaft bestellt, sodaß wissensdurstige 
Jünglinge entweder auf Privatlehrer oder eigenes Studium ange¬ 
wiesen waren. Jetzt beginnt auch der höhere Unterricht sich zu 
heben, und es gibt bereits Mittelschulen, Gymnasien, höhere Mädchen¬ 
schulen und Fachschulen der verschiedensten Gattung. In Tokio 
besteht eine Universität. Für den Besuch derselben wird Kenntnis 
der deutschen Sprache gefordert; in der medizinischen Fakultät sind 
Vorbildung, Methode und Lehrmittel deutsch. Die Gesetze waren bis 
vor kurzem noch sehr streng und setzten auf die meisten schweren 
Verbrechen die Todesstrafe. Letztere galt für entehrend und war 
mit Einziehung des Vermögens verbunden. Als rühm würdig galt 
bei vornehmen Japanern eine gewisse Art des Selbstmordes, das 
Harakiri (die Leibaufschneidung), das in gewissen Fällen gesetzlich 
geboten war oder gewählt wurde, weil man einen ehrenvollen Tod
	        
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