Full text: [Siebenter Teil = Klasse 3, [Schülerband]] (Siebenter Teil = Klasse 3, [Schülerband])

teils Ausblicke gewährend nach fernen, duftumflossenen Höhenzügen und 
in grüne Täler, in denen friedliche Ortschaften eingebettet sind. Nicht 
ein Laut dringt heraus von den belebten Arbeitsstätten, wo die Säge 
kreischt und die Drehbank klappert, oder wo Schmiedefeuer glühen und 
die Hämmer den Takt schlagen. Außer dem Schrei des Wildvogels 
oder dem Gesang der Waldvögel schallt nur der Axtschlag durch den 
Wald, der manchen Jahrhunderte alten Baum trifft, um ihn dem 
heimatlichen Boden zu entreißen; oder es tönt ein metallischer Klang 
herauf, der von Männern herrührt, die das Schiefergestein absprengen, 
um es zu Tafeln oder Griffeln zu verarbeiten. 
Wo aber der Bergpfad dem Kamme folgt, der immer schmaler 
wird, und von dessen Flanken sich tiefe Täler einschluchten, deren 
obere Mulden fast bis zum Rennsteig selbst reichen, da nimmt der 
Wald eine freundliche Färbung an: Tannen und Fichten bleiben zurück, 
und über dem Dickicht der Beerensträucher streben leuchtende Buchen 
empor. Ihre Baumkronen wölben sich wie gotische Dome, durch deren 
Maßwerk die Sonne goldene Lichter sendet, und aus dem grünen 
Laube singt und jubelt es in vielstimmigem Gesänge. Malerischer 
und bewegter sind hier die Formen des Gebirges, und es erschließt 
sich hier der anmutigste und gepriesenste Teil des Thüringerwaldes: 
in den Waldtälern trauliche Ortschaften, aus den Höhen so manche 
zerborstene Burg. Am herrlichsten von allen aber grüßt die Wart¬ 
burg herab, von deren wunderbarer Vergangenheit Sagen und Lieder 
erzählen. In dichterischem Glanze erscheinen Ritter und Edelfrauen, 
die Säle hallen von Waffenklang und Sängerstreit wider, es er¬ 
klingen Eisenspeere und Minnelieder, und wenn der Abendsonne 
Gold hinter den Höhen des Ringgaus verglüht, des Mondes Silber¬ 
strahlen über die rauschenden Buchenwipfel fluten, dann singt und 
klingt es dem kundigen Wanderer wie Erinnerung aus blühendem 
Mittelalter. 
Wo die Gewässer des Gebirges südwärts fließen, breitet sich in 
hellem Duft das Werratal aus, geziert von mancher lebensfrohen Stadt. 
Auch hier grüßen von den Vorbergen altersgraue Rittersitze, und am 
glänzenden Flusse ragen verlassene Klosterhallen empor, bekränzt vom 
dunklen Efeu oder vom wilden Wein; aber vom verfallenen Turme 
läutet frommen Wallfahrern keine Glocke mehr. Dort dehnen sich die 
geschichtsreichen und doch heute so stillen Gelände des alten Grabfeld¬ 
gaues. Im Südosten aber ragt die schöne kleine Hauptstadt Coburg 
aus üppigen Gärten mit ihrem Kranze von Bergen und Burgen, die 
hinüberschauen in die blühenden Gefilde des Maintals.
	        
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