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am nächsten Tage bei Ostende begeistert das Meer begrüßt. Wohl gelang es,
Nachhuten gefangen zu nehmen und noch bedeutende Teile über die holländische
Grenze zu treiben, aber ein großer Teil erreichte dennoch die von den Eng-
ländern gesandten Transportschiffe oder fand Anschluß an die am Iserkanal im
westlichen Flandern stehenden englischen und französischen Truppen, und an dieser
Linie, die etwa von Ärmentieres über Dpern und Dixmniden bis zu den Dünen
des Meeres bei Nieuport reichte und durch Natur und Kunst gleich stark befestigt
war, kam die deutsche Verfolgung und der deutsche Vormarsch zum Stillstand.
4. Die I)erbTtTcblacbt<m in flatiderti. Hier, im belgischen und
französischen Flandern, entwickelten sich seit dem 18. Oktober neue, langwierige
Gefechte, die, von beiden Seiten durch Einsetzung immer frischer Kräfte genährt,
sich zu großen Schlachten auswuchsen. Ohne Unterlaß und mit aller Zähig-
keit wurde hier wochenlang schwer und heiß gerungen. Es war zugleich ein
Kampf um die Herrschaft am Kanal, um Dünkirchen und Calais, den darum
die Engländer und, von ihnen aufgepeitscht, die Belgier und Franzosen mit
aller Zähigkeit durchhielten. Gleichzeitig handelte es sich hier um den Ab-
schluß jener Riesenschlacht, die seit September am rechten Flügel unserer Auf-
stellung tobte.
Drei Brennpunkte wies dieser Kampf auf: den Raum vorwärts Lille, die
Umgebung von Apern und die Strecke des Iser-Kanals von Dixmuideu nach Nieu-
Port. Bei den Kämpfen westlich von Lille, die wie an der übrigen Nordwest-
front am 18. Oktober einsetzten, handelte es sich hauptsächlich um den Besitz
dieser großen Industriestadt und ihres wertvollen Gebietes. Hier kämpfte mit
größtem Todesmut und äußerster Hingabe die Armee des Kronprinzen von
Bayern. Auch die Kavallerie zeigte bei dieser Gelegenheit, daß sie vor dem Kampfe
mit dem Karabiner auch vor befestigten Stellungen nicht zurückschreckte, und
sie errang in diesen ihrer Natur fern liegenden Kämpfen eine Reihe von
prächtigen Erfolgen. Am 21. Oktober wich der Feind auf der ganzen Front
langsam zurück. Auch spätere französische Angriffe erreichten ihr Ziel nicht.
Lille blieb fest in unfrer Hand. Wir gewannen sogar noch Gelände und
konnten uns darin befestigen.
An demselben 18. Oktober stießen unsere von Ostende längs der Küste vor-
gehenden Truppen am Iser-Abschnitt bei Nieuport auf feindliche Kräfte. Ein heftiger
Kampf entbrannte hier in den Dünen und weiter landeinwärts in dem niedrigen
Wiesenlande, das von der Äser und zahlreichen Bewässerungsgräben durchzogen
wird. Trotz des schwierigen Kanalgeländes, wo jeder Wasserlauf eine Stellung
bot, trotz stärkster Artillerie, die der Feind in gute Stellung gebracht hatte,
und trotz der Mitwirkung englischer Kriegsschiffe von der See her arbeitete
sich der deutsche Angriff vorwärts. Am 23. Oktober gelang es uns, den Kanal
mit erheblichen Kräften zu überschreiten. Eine Woche später wurde Rams-
capelle westlich davon genommen. Da wendeten die Belgier ein Mittel an,
das in der niederländischen Geschichte so oft eine Rolle gespielt hat: sie öffneten
ihre Dämme und Schleusen. Da drang das Wasser ein in die Niederung,
weiter und immer weiter. Aus den Wiesen wurden Moräste und Sümpfe.
Das Wasser stand an manchen Stellen mannshoch. Ein Eingraben der In-
fanterie erwies sich bald als unausführbar. Jede Operation wurde unmöglich.
Die deutsche Heeresleitung sah sich genötigt, die Truppen aus dem Über-