F. Mitteleuropa. Belgien.
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Geschichtliches und Verfassung. Im Alterthum wohnten auf dem
Gebiet des heutigen Belgiens und Hollands im S. Belger, im N. (im
Rheindelta) Bataver, noch nördlicher Friesen. Die letzteren beiden waren
reine Germanen. Später ließen sich hier Franken nieder; das Land wurde Theil
des großen fränkischen Reichs. Die Theilungen von 843 und 870 zerrissen
auch dies Gebiet, aber seit Wiedervereinigung des Frankenreichs unter Karl
d. Dicken und Aufrichtung eines lothringischen Herzogthums (im Anfang des
10. Jahrhunderts) kam das Land ganz an Deutschland. Im Mittelalter gab es
hier verschiedene Besitzungen geistlicher und weltlicher Herrn (Herzöge, Grafen u. a.).
Gegen Ende des Mittelalters gelang es den Herzögen von Burgund
(einer Seitenlinie der Valois), die seit 1363 eine Art Zwischenreich zwischen
Frankreich und Deutschland aufrichteten, den größten Theil jenes Gebiets zu
erwerben. Nach dem Tode Karls des Kühnen (1477) kam dasselbe durch seine
Erbtochter Maria an Maximilian I., dann an dessen Enkel Karl V., der
hierher den Schwerpunkt seiner Weltmacht verlegte; das Land übertraf nun
alle andern Länder Europas durch Handel und Wohlstand. Unter Philipp II.,
der 1556 diese Lande erhielt, rissen sich in Folge von Bedrückungen und
Glaubensverfolgungen die nördlichen Provinzen los (1579), die süd-
lichen blieben bei Spanien, unter dessen Herrschaft sie, durch die Niederländer
vom Meere fast ganz abgedrängt, durch Frankreich ausgeplündert, schnell sank en.
1714 kamen sie an Oesterreich, das, räumlich weit entfernt, hier keine
große Macht erlangte. 1794 ließen sich die Landschaften gern in Frank-
reich einverleiben, 1815 wurden sie mit dem nördlichen Gebiet zu einem
Königreich der Niederlande vereinigt, rissen sich aber 1830 wieder los.
Leopold I. (aus Sachsen-Koburg) wurde König und dem Lande, damit es nicht
ein Zankapfel der Nationen würde, Neutralität zugesichert.
Der Staat ist jetzt ein erbliches constitntionelles Königreich; dem
König steht ein Senat, von den Wohlhabenden des Landes gewählt, uud eine
Kammer der Repräsentanten, unmittelbar aus allen Bürgern des Lan-
des gewählt, zur Seite.
Der Staat hat 9 Provinzen und 41 Arrondissements.
§ 326. Die einzelnen Landschaften.
a. Die überwiegend vlaemischen Provinzen.
1. Süd-Brabant, einzige Binnenprovinz, von Senne und Dt)le*
durchflössen. Die Grenze zwischen Hügel- und Tiefland, Wallonen und Vlae-
men zieht von W. nach O. quer durch, über Brüssel.
Brüssel (162000 E., mit Vorstädten 350000 E.), eine der schönsten
Städte Europas liegt an der Senne, ziemlich in der Mitte des Landes, ein
Abbild desselben im Kleinen; die Unterstadt in der Ebene zwischen Gärten
und Anlagen gelegen, die sich bis in die Stadt hineinziehen, vlaemisch redend,
Sitz von Gewerbe und Handel, die Oberstadt auf und an einer südöstlichen
Anhöhe, französisch redend, Sitz des Königs, der Kammern, der Regierungs-
behörden und großen Gasthöfe, also auch der Fremden, mit schönem Park;
auch befinden sich hier ausgezeichnete Denkmäler früherer Zeiten, namentlich ein
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