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haben wir also einen wasserarmen Höhenrücken rechts
der Elbe im norddeutschen Tieflande gefunden.
Liuks der Elbe zieht der Höhenrücken weiter und läßt sich
hier zwischen diesem Strome und der Aller, die zur Weser geht,
deutlich erkennen. Auch dieser Zug besteht aus sandigen Höhen-
wellen, die nach Norden hin immer mächtiger anschwellen. Ein-
zelne Flnßthäler spalten die gewölbten Sandzüge in mehrere
Grnppen und tragen frisches Grün in die trockene, öde Landschaft.
Denn aus dem Boden derselben ragt nur hier und da eine Kiefer
oder eine Birke auf. Ginster und Stechpalme treiben dafür ihre
grünen Ruten aus bräunlichen Stämmchen, und die Arnika ent-
faltet ihren sattgelben Blütenstern. Vor allem aber überzieht die
Heide mit ihren holzigen Stengeln den sandigen Boden und
übergießt ihn im Sommer mit einer rötlichen Blütenflut. Dann
„schämt" sich die Heide und feiert ihr Sommerfest. Falter mit
himmelblauen Schwingen flattern oon Blüte zn Blüte. Emsige
Bienen suchen summend den Honigsaft und goldigen Stanb in den
schwankenden Kelchen. Glänzende Käfer lanfen eilig über die
fonnendurchglühte Fläche. Eidechsen und Schlangen huschen dnrch
das Gestrüpp, und die Heidelerche steigt jubilierend zum hellen
Himmel hinauf. Da legt auch der Hirte seinen granwollenen
Mantel ab und setzt sich, träumerisch in das Blau des Himmels
blickend, auf den Stamm einer gebrochenen Eiche, während um ihn
her die flinken Schafe mit klugem Auge die Grashalme zwischen
dem Heidekraute suchen. Schwarz ist der Kopf und braun das
Wollenkleid dieser Schafe gefärbt, die „Heideschnucken" genannt
und seit alters neben den Bienen von den Heidebauern gehalten
werden. Diese haben sich besonders an den grünen Rändern des
Heiderückeus, oder in den wasserdurchzogenen Thälern desselben
niedergelassen, um ihre Wiesen sorglich zu berieseln, Bäume an-
znpflanzen, die Heide abzubrennen und Buchweizen in die dün-
gende Asche zu streuen. So dringen von außen her brennend
und bauend die Anwohner nach und nach immer weiter in das
Gebiet dieses Landrückens vor, der schon vor Jahrtausenden Rö-
mern den Honig gab, früher mit prächtigen Eichenwäldern ge-
schmückt war, gegenwärtig aber als Lüneburger Heide uoch
mehr verrufen ist, als er es verdient und deutscher Ansdaner für
die Zukunft ein weites Feld für langsam vordringenden Anbau
bietet.