Full text: Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild (Bd. 1)

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Freude über meine Entdeckung und zeigte auf eiue sonnige 
Stelle des nächsten Gartens, wo die lieben Frühlingsboten 
durch die noch kaum grün schimmernden Zweige zu sehen waren. 
Hausgarten reihte sich an Hausgarten fast bis Neuhofen hin. 
Der Herr Lehrer meinte, sie gefielen ihm so gut, weil sie mit 
großer Sorgfalt wie natürliche Gruppen von Bäumen und 
Sträuchern angelegt sind. „So is recht, treibs cibi," schrie 
lachend der Müller Simerl. Auf der Weide graste eine Schaf- 
Herde, ruhig auf seinen Stock gestützt qualmte der Schäfer seine 
Pfeife. Er brauchte sich nicht darum zu kümmern, daß ein 
paar seiner Pflegebefohlenen den schmalen Fußweg überschritten 
und den Neuhofener Abhang hinaufstiegen. Sein treuer Karo 
rannte in großen Sätzen hin und her, bis er seine Schützlinge 
wieder auf einem Haufen beisammen hatte. Zwischen dem 
Grasland erhob sich die rote Mauer des israelitischen Fried- 
Hofs. Die kleinen Häuser inmitten der Bretterzäune gehörten 
den Kunst- und Handelsgärtnern. Unsere scharfen Bnbenangen 
konnten deutlich die hergerichteteu Beete und Glashäuser unter- 
scheiden, sahen, wie ein Gehilfe mit Pflanzenstecken beschäftigt 
war, wie dort ein Bube mit einem Karren voll Erde oder 
Dung fuhr. Weißt Du noch, wie wir vorigen Sommer unsere 
Gesichter an die Bretter drückten, um durch eine Spalte sehen 
zu können und uns freuten über die großen Beete, deren eines 
voll verschiedener Tag- und Nachtschatten war, eines mit Salat 
bepflanzt und so jedes im Garten anders angebaut war. Über 
der großen Landstraße wieder Wiesen, dann Drähte der elek- 
irischen Bahn, Schienen der Eisenbahn, Bäume, der Stadt- 
bach! Wir suchten die Lage der Schinderbrücke zu bestimmen, 
die iu die Jsaranlagen führt, suchten die neue Thalkirchner- 
brücke, die Überfälle, besprachen den Weg bis zur reizenden 
Marienklause und dem Jsarwehr und gedachten des Flosses, 
dem wir auf einem Spaziergang fo lange nachgesehen hatten. 
Den anderen Weg nach Harlaching, der über die Wiese am 
Bach mit dem netten Brücklein führt, sind wir ja zusammen 
gegangen. Weißt Du, wie Dein kleiner Bruder beim Schmetter- 
lingsang in einen der Bewässerungsgraben fiel, die die Wiesen 
durchziehen! „Könnt ihr noch marschieren, Buben?" fragte der 
Herr Lehrer. Ein lustiges Ja aus allen Kehlen antwortete ihm. 
"Nun gut, dann vorwärts! Singt einmal ein flottes Lied!" 
Wechsel erklang jetzt: „Der Kuckuck hat gerufen", „ein 
fcheckiges Pferd", sogar die „Wacht am Rhein" versuchten wir. 
Frage mich aber nur nicht, wie sie klang. „Da sind die Säge- 
Weber, Heimatkunde von München. 14
	        
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