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G. In den Niederlanden, Belgien und Dänemark.
Obgleich nun Dänemark die politische Bedeutung im Laufe der Zeit ein-
gebüßt hat, so ist doch seine Hauptstadt, nächst Petersburg die bedeutendste
Stadt des europäischen Nordens, noch immer im Wachstums begriffen, uud
besitzt für Dänemark die Bedeutung, welche Paris für Frankreich hat. Hier
drängt sich alles zusammen: Beamte uud Militär, Gelehrte und Künstler, die
höchsten Behörden des Staates, der Hos, der Adel und alle, die sonst unab¬
hängig und vermögend sind. In Kopenhagen findet sich, was das Land an
Palästen und prächtigen Bauten besitzt, und wie die Hauptstadt als Sitz einer
blühenden Universität und durch großartige wissenschaftliche Sammlungen den
Mittelpunkt des geistigen Lebens bildet, so steht auch Handel und Verkehr noch
in Blüte, und mit Recht nennen sie die Dänen Kjöbenhavn, d. i. Hasen der
Kaufleute. Eine fast kreisförmige Fläche von mehr als 7 km im Umfange
bedeckend, liegt die Stadt zum größereu Teile auf dem Ostrande von Seeland,
zum kleineren Teile auf Amager, ringsum aufs stärkste befestigt. Ihr Mittel-
Punkt ist der Königsneumarkt, der fchöne, belebte Hauptplatz der Stadt, auf dem
zwölf Straßen der Stadt, darunter die besuchtesten, münden. Nördlich von
ihm liegt die Neustadt, südlich die Altstadt. Die zahlreichen Brände, welche
Teile von Kopenhagen verheerten, und zuletzt noch das furchtbare Bombarde-
meut durch die Engländer im Jahre 1807, bei dem über 300 Häufer in
einen Schutthaufen verwandelt wurden, veranlaßten Neubauten, sodaß die
Stadt mit ihren breiten und geraden Straßen das Gepräge schöner Regel-
Mäßigkeit trägt und nur wenige ältere Gebäude bemerkenswert sind.
Die meisten Sehenswürdigkeiten umfaßt der südliche Stadtteil. Hier um-
fließt ein großer, mit Schiffen stets gefüllter Kanal, der fich vou dem fchmaleu
Meeresarme des Kallebodstrandes abzweigt, einen Teil Kopenhagens, den
Schloßholm, der infolgedessen ein holländisches Gepräge trägt. Auf dem
Schloßholme steht, aus 19900 Psähleu ruhend, die Christians bürg au der
Stelle des alten bischöflichen Schlosses. Es ist das eigentliche Residenzschloß
Dänemarks und enthält als solches den Thronsaal, wie andere Prachträume
zu Hossestlichkeiteu. Diese Königsburg ist ferner Sitz der Kammern und des
höchsten Gerichts, beherbergt außerdem die Schloßkirche, das Hoftheater und
die reichhaltige königliche Bibliothek. Das reichste und interessanteste königliche
Schloß ist aber unstreitig das Prinzen Palais in der Nähe der Christians-
bürg. Es ist das Museumsgebäude Kopenhagens und hat seiner reichen
Schätze wegeu europäischen Ruf erworben. Es birgt in fich neben anderem
ein ethnographisches Museum und die Sammlnng nordischer Altertümer.
Letztere ist eine uuerschöpsliche Fuudgrube für die Kenntnis altnordischer Ge-
schichte und altnordischen Kulturlebens. Sie enthält Waffen, Werkzeuge, Haus-
geräte, Jagdausrüstungen, Schmuck, Holzsärge, Aschenurnen, Rnneninschristen
n. a. von der ältesten Zeit bis auf die letzten Jahrhunderte. Stein-, Bronze-