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im Winde. Sie sprachen von Krieg und Blutvergießen. Dabei funkelten
ihre schönen, blauen Augen. Erst später erfuhr ich, daß die deutschen
Ritter mit den Bewohnern dieser Gegend, die sie Sorben nannten,
kämpfen wollten. Es gelang ihnen auch, letztere aus ihrer Heimat zu
verdrängen und sich selbst einen festen Wohnsitz zu gàden. Schau
hinüber, lieber Wanderer! Es ist das stattliche Schloß Schönfels, das
noch stolz und trotzig in die Lande hinausblickt. Seitdem wurde es hier
immer lebhafter. Täglich sah ich neue Geschlechter kommen und gehen.
Das Wagenfahren wollte nicht aufhören. Vom Vogtlande herein trieb
der Hirt seine stattlichen Kuh- und Schafherden, Wanderburschen, fahrende
Schüler und Sänger zogen durch das Land. Aber auch der wilde Krieg
hörte nicht auf. Einmal waren es die furchtbaren Hussiten, welche die
freundlichen Städte und Dörfer einäscherten, ein andermal befehdeter:
sich die fürstlichen Brüder Friedrich und Wilhelm. Nach dem Bruder¬
kriege aber sah ich den kühnen Räuber Kunz und seine Genossen nach
dem Gebirge hinauf entfliehen. Hundert Jahre später stürmten die auf¬
rührerischen Bauern, mit Heugabeln und Dreschflegeln bewaffnet, über
mich hinweg, um die festen Schlösser von Glauchau und Waldenburg zu
überfallen. Soll ich dir das Elend des Dreißigjährigen Krieges schildern,
das ich mit anschauen mußte? Willst du etwa wissen, wie das stolze
Heer Napoleons aussah, als es aus Rußland wieder in die Heimat
zurückkehrte? Nein, lieber Wanderer, ich will dir dafür beschreiben, wie
die Menschen in stiller Friedensarbeit mir allerlei Wohltaten erwiesen,
zu meinem und ihrem Nutzen.
Schon vorhin hatte ich dir erzählt, daß die alten Sorben mich
mit starken Holzknüppeln festgegründet hatte::, damit zur Regenzeit
der Verkehr nicht gestört werde. Aber später hals dies nicht mehr.
Die Menschen rodeten nämlich den Wald an meinen Seiten aus, so
daß der Regen den lockeren Boden, aus dem ich bestehe, wegspülte.
Da mußten sie auf ein anderes Mittel sinnen, um mich immer schön
glatt und fahrbar zu erhalten. Bald hatten sie auch eins gefunden.
Jedes Jahr zur Frühlingszeit brachten sie viele Wagen voll großer
Steine und schütteten sie auf mich, damit ich eine feste Unterlage be¬
kommen sollte. Dann stampften sie kleinere darauf und zuletzt eine
Menge Sand. Mit einer Walze drückten sie dann das Ganze fest zu¬
sammen. Vor mehreren Jahren haben sie sogar zu diesem Zwecke eine
fürchterliche Maschine erfunden. Blickst du mich einmal genau an, so
gewahrst du, daß ich in der Mitte am höchsten bin. Auf diese Weise kann das
Regenwasser schnell in den Graben und in die Schnittgerinne abfließen. Da¬
mit ja die Erdrinde vom starken Regen nicht weggeschwemmt werde, haben die
vorsichtigen Menschen auch allerlei Bäume an meine Seiten gepflanzt. Diese
halten mit zahlreichen Würzelchen den Boden besser zusammen und bilden
zugleich einen hübschen Schmuck für mich. Auch dienen sie dem Wan¬
derer bei Schneegestöber und in dunklen Nächten als Wegweiser. In
der großen Stadt, wo die vielen reichen Leute wohnen, hat man mich
Jochen, Lesebuch. 4