18. Im Hafen von Hainburg. 65
^8. 3m Hafen von Hamburg*)»
Wilhelm Dittmer.
Aus „Hamburger Hafenbilder". S. 69 u. 82 ff. Verlag von Alfred Jansen, Hamburg. 1908.
Was die Natur auf der weiten Erde erschaffen hat, was Völker erdacht,
kultiviert und geerntet haben, das füllt die endlosen Schuppenreihen bis
auf den letzten Platz.
Der süßliche Geruch von Rosinen, Feigen und Wachs mischt sich mit
dem herben Geruch der Gerbstofseicheln in dem dunkelnden Schuppen-
innern, Gerüche aus der Türkei, Palästina, Smyrna. Der palästinische
Wein liegt reihenweise in großen Fässern.
Hochaufgestapelte Gütermengen, in allerlei orientalischen Verpackungen,
denen orientalischer Geruch von Rosinen, Wolle und Fellen entströmt,
umgeben breitgelagerte Mengen von Elsenschienen und Eisenteilen. Wände
von aufeinander gepackten Palmkuchen trennen sie von den Massen von
Palmkernen, den Reihen von Palmölfässern und den Hunderten von Kollis
von Wachs in Palmblättergebinden —- Ostafrika!
Im Sonnenschein liegt der Dampfer „Feldmarschall" vor dem
Schuppen; die Gütermengen, die er gebracht, liegen hochaufgetürmt: Pias-
sava in mächtigen Haufen wie aufgestapeltes grobes Heu; Hanf, Ballen an
Ballen, Ballen auf Ballen gepackt; Gummi in Sackreihen; afrikanisches
Mahagoni in tonnenschweren Blöcken und Baumwolle in uugeheureu Ballen-
inengen.
Das immerwährende dröhnende Ratteln der Handkarren, das Halb-
*) Die Anfänge des Hamburger Hafens gehen bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts
zurück, damals bestand er im wesentlichen aus einer Reede, heute umfassen die Hufenanlagen
10 qkrn. Eine Strecke oberhalb Hamburgs spaltet sich die Elbe in die stärkere Norderelbe und
in die Süderelbe, die sich unterhalb der Stadt wieder vereinigen. „Die Norderelbe ist der Träger
der Hamburger Schiffahrt. Sie durchströmt das ganze Freihafengebiet im Osten der Anlagen."
Von beiden Seiten her münden in die Elbe die einzelnen Hafenbecken für Seeschiffe. Die rechts-
elbischen sind die ältesten und haben eine Wassertiefe von 5,3—6,3 m bei mittlerem Niedrig¬
wasser. Ihnen gegenüber öffnen sich wie die Strahlen eines großen Fächers die oberen links-
elbischen Häfen: der Segelschiffhafen (1888), der ziemlich die Mitte der ganzen Hafenanlagen
einnimmt, westlich davon der Hansahafen (1893), der Jndiahafen (1893), und der Petroleum-
Hafen (1876), der statt der Kräne mit Pumpanlagen ausgestattet ist. Auf der gleichen Seite
liegen noch die bis auf 8 m bei mittlerem Niedrigwasser ausgehobenen neuesten Hafenbauten:
der Kuhwärderhafen (1902), südlich davon der mit gewalligen Lagerhallen ausgestattete Kaiser
Wilhelm-Hafen (1903), den die Hamburg-Amerika-Linie pachtete, südlich an diesen grenzend
der Ellerholzhafen (1903) und der noch im Bau begriffene Roßhasen. Vierzehn Häfen
zweigen von der Norderelbe ab. Den stattlichsten Anblick bietet der oben erwähnte Segel-
schifshafen mit seinem mastenreichen Wald. Zwischen den einzelnen Häfen ziehen sich die aus
Steinen aufgemauerten Ufer des Hafens, die Kais, hin, die mit Lagerschuppen bedeckt sind.
Dampf- und elektrische Krane befördern die Waren ans den Schiffen in die Eisenbahnwagen.
Der Freihafen nimmt die zollfreien Waren auf, die nicht für Hamburg, auch nicht für das
Deutsche Reich, sondern für das Ausland bestimmt sind. (Transitverkehr.) Vgl. Meeres-
künde. Erster Jahrgang, Berlin 1907, Heft 11: Walter Stahlberg. Verlag von Ernst
Friedrich Mittler & Sohn. — Unsere Leser machen wir noch darauf aufmerksam, daß halb-
stündlich Hafenrundfahrten von den St. Pauli-Landungsbrücken stattfinden.
Ambrosius u. Hinkel, Aus allen Zonen. 5