Philipp II. von Mazedonien und seine Zeit.
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der Beredsamkeit und Verfasser von Flugschriften in der Form von Reden,
trat für ein neues Hellenentum ein, das nicht im Blute, sondern in der
Gesittung liege, und das sich nach Befreiung der griechischen Städte Klein-
asiens über das Morgenland ausbreiten sollte. Zu dem Zwecke forderte
er einen allgriechischen Stoeg gegen Persien unter Philipps Führung.
Auf der Chalkidike stießen die mazedonischen und athenischen Interessen
aufeinander. Um die Eroberung der Halbinsel zu vervollständigen, griff
Philipp während des Phokischen Krieges das mächtige Olynth an. Es
erhielt auf des Demosthenes Rat Hilfstruppen von Athen, die aber zu schwach
waren und geschlagen wurden. Olynth bekam Philipp durch Verrat in seine
Gewalt und zerstörte es.
5. Der Entscheidungskampf, 388. Auf Betreiben des Äschines beschloß
der Amphiktyonenrat einen heiligen Krieg gegen das nordwestlich von
Delphi gelegene Amphissa, das sich des gleichen Vergehens schuldig
gemacht hatte wie früher die Phoker. Der König von Mazedonien hatte
als Amphiktyoneufeldherr den Beschluß auszuführen. Er kam mit einem
starken Heere, zeigte aber durch die Besetzung von Elatea, von wo aus er
die Straße nach Böotien beherrschte, daß er noch andere Absichten hegte, als
Amphissa zu bestrafen. Nun brachte die Beredsamkeit des Demosthenes ein
Bündnis zwischen Athen und Theben zustande ^). Die Entscheidung fiel bei
Ehäronea, wo die mazedonische Phalanx sich gegen bie Griechen bewährte 338.
und der junge Alexander mit seinen Reitern die Heilige Schar der Thebaner
aufrieb und dadurch den Sieg entschied. Thebens Strafe war die Ver¬
bannung und Hinrichtung von Gegnern der mazedonischen Partei. Im übrigen
bewies Philipp Mäßigung. Auf einer von ihm berufenen Zusammenkunft
in Korinth ließ er sich zum Oberfeldherrn der Griechen gegen die Perser
ernennen. An der Ausführung des Planes hinderte ihn der Tod.
6. Geistiges Leben. Trotz der vielen Kriege und der sittlichen Entartung
der Griechen trieb die Beschäftigung mit Kunst und Wissenschaft immer neue,
schöne Blüten. Athen blieb der Hauptsitz der Bildung. Die attische Prosa
erhielt durch die Redner ihre höchste Ausbildung, Dichter pflegten das Drama,
namentlich die Komödie, in der jedoch die Politik in den Hintergrund trat.
Die Philosophie fand in der Akademie ihre Hauptpflegestätte. Bildhauer wie
Skopas und Praxiteles meißelten formvollendete, ausdrucksvolle Mar-
morbilber aus. Zu ihnen gehört die von einem der beiden Meister herrührende,
leider nur in Nachbildungen einzelner Gestalten erhaltene Niobibengruppe.
In bem mit prächtigen Tempeln geschmückten Korinth entstand bie
korinthische Säule, eine Abart ber ionischen. Ein erhaltenes Bauwerk bes
korinthischen Stils ist bas Denkmal bes Chorführers Lysikrates in Athen.
Das bekannteste Bauwerk ber damaligen Zeit war das Mausoleum in
Halikarnaß, das Grabmal des Fürsten Mausolos. Man rechnete es zu den
sieben Wundern der Welt.