Geschichte der Griechen. 265
früh für gelehrt, weise, und zu öffentlichen Aem-
tern geschickt hielten.
XXXVII. Auf diese Art lehrte oder flößte Seine vor-
vielmehr Sokrates seinen Mitbürgern die nütz.
liebsten Kenntnisse unvermerkt ein. Kein Grie.
che hatte noch so edle und heilsame Begriffe von
Gore ausgebreitet. Cr gab Anleitung, densel¬
ben, ob man ihn gleich nicht sähe, aus seinen
großen und herrlichen Werken zu erkennen; in¬
sonderheit auch die Vorsehung und Regierung
desselben zu bewundern. Freylich griff er die
gewöhnlichen ReligionsgebraucheFÜcht an, weit
es unmöglich gewesen seyn würde, sie den Atho»
niensern zu entreißen. Hingegen erklärte er ih,
nen auch» daß die Gottesfurcht auf solche auf«
scrliche Dinge nicht ankomme. Er erinnerte sie,
Gorr nicht um Gold und Silber, Macht, oder
dergleichen etwas, sondern nur um das Gute
überhaupt zu bitten, weil Gott am besten wisse,
worinne dieses bestehe. Gehorsam gegen Got«
tes Befehle nannte er die wahre Verehrung des.
selben. Die Sitten-undTugendlehre war das
liebste, wovon Sokrates sprach; er trug sie aber
auch so faßlich, liebreich und anmuthig vor, daß
jeder Zuhörer sie als einen weg zur Glückselig,
keir betrachten sollte. Er zeigte, daß Gelehr¬
samkeit, Weisheit und Tugend von einander nie
getrennt werden dürfen; — daß man nichts
für nützlich halten könne, was nicht erlaubt und
gerecht fty; — daß die Freundschaft ein höchst
schätzbares Gut fty, aber ohne Tugend sich gar
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