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Die Araber unter dem Einfluß des Islam.
römischer Bildung und Civilisation, aus der Reihe der cultivirten Völker.
Wohlberittene Beduinenstämme gründeten mohammedanische Räuberstaaten
auf den Trümmern alter Cultur und Herrlichkeit und das Licht des Evange¬
liums, das in den Tagen des heiligen Augustinus seine erleuchtende und
erwärmende Kraft über das ganze Abendland ausgestrahlt hatte, wurde aus-
gclöscht und verdrängt durch den Glauben an die mohammedanische Gottheit
und durch orientalische Werkheiligkeit und Gebetsdienst.
tz. 263. Als Welid, der Omejjade, der Nachfolger des blutgierigen
und kriegerischen Abd-Almalik, Khalif in Damaskus war und sein Statt¬
halter Musa die Heere in Afrika führte, geschah es, daß der Westgothe
Rodrigo den kräftigen aber gewaltthatigen König Miti za, der durch zweck¬
mäßige Reformen das beschrankte Wahlkönigthum zu heben und die Ueber-
macht des Klerus und des unruhigen Adels zu brechen bemüht war, des
spanischen Thrones beraubte. Da riefen die Söhne des Verstoßenen in Ver¬
bindung mit ihremOheim, dem Erzbischof von Sevilla, und dem Grafen Ju¬
lian, Statthalter von Ceuta, die Araber zur Rache herbei. Tarik, Musa's
Unterfeldherr, setzte darauf über die Meerenge, legte auf dem steilen Felsen
des Vorgebirgs Calpe den Grund zu der festen Stadt Gibraltar (Gebel al
Tarik) und überwand die Westgothen in der großen Schlacht von Seres 711
de la Frontera, wo die Blüthe der Ritterschaft neben Rodrigo die Wahl¬
statt deckte. Schon im nächsten Jahr fiel Toledo, die Hauptstadt des Lan- 712.
des in die Hände der Ungläubigen. In raschem Siegeslauf durchzogen sofort
die Araber (Mauren) ganz Spanien bis auf das von Bergen eingeschlofsene
Asturien, wohin sich die tapfersten Westgothen unter Palayo zurückzogen.
Neben ihnen weg setzten die Saracenen über die Pyrenäen, eroberten Süd¬
gallien bis zur Rhone und drohten dem fränkischen Reiche und dem Christen¬
thum den Untergang, als Carl Märtel (der Hammer), der heldenmüthige
natürliche Sohn des Majordomus Pipin von Heristall (§. 247.), sie in der
mörderischen, siebentägigen Schlacht zwischen Tours und Poitiers über- 732.
wand und zur Rückkehr nach Spanien nöthigte. So wurde Carl Märtel der
Retter des christlichen Germanenthums im Abendlande. Die spanischen Chri¬
sten, die 125 Jahre früher (unter Reccared) den arianischen Glauben
gegen den römisch-katholischen vertauscht hatten, wurden von den Arabern
milde behandelt. Gegen eine mäßige Steuer durften sie ihren Gesetzen, ihrer
Religion und ihren Sitten gemäß leben; nur die Herrschaft war bei den
Siegern. Der Statthalter Musa fiel als Opfer des Neids. Der neue Khalife
S ule im an (Solymann) ließ ihn in den Kerker werfen und seinen in Spa-SuUima»
nien zurückgelassenen Sohn enthaupten. — Auch in ©teilten gewannen die §27,
Araber festen Fuß und machten von dort aus Raubzüge nach Unteritalien
(wo sie sich in Tarent und in den calabrischen Gebirgen Wohnsitze erkämpften),
in den Kirchenstaat und nach Ligurien. Ja sogar nach Piemont und Hoch-
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