Full text: [Enthaltend Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen aus der neuern und neuesten Geschichte] (Theil 4)

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Jndeß die Oesterreich er von den Niederlanden her Miene mach¬ 
ten, den Krieg zu beginnen, überschritt das nur 42,000 Mann 
starke preußische Heer, bei dem sich Friedrich Wilhelm be¬ 
fand (am 19. Aug. 1792), die französische Grenze und erreichte 
alsbald einige Erfolge. Valenciennes, Longwp und Verdun wur¬ 
den erobert, die Pässe des Ardenner Waldes durchbrochen. Das 
preußische Heer drang sogar möglichst schnell bis in die Ebene der 
Champagne. Die Nachricht von der schimpflichen Gefangen¬ 
nahme Ludwig's, welche bei dem Heere eingetroffen war, verstärkte 
den Eifer Friedrich Wilhelm's, der es für seine ritterliche 
Pflicht hielt, den unglücklichen französischen König aus der unwür¬ 
digen Gefangenschaft zu befreien. 
Der französische Oberbefehlshaber Dumouriez hatte durch 
Oesterreichs Zaudern Zeit gehabt, nicht unbedeutende Verstärkungen 
an sich zu ziehen; am 19. Sept. war die ganze französische Ar¬ 
mee auf den Höhen bei V almy vereiniget. Ein Versuch des preu¬ 
ßischen Heeres, sie aus ihrer Stellung zu vertreiben, blieb erfolg¬ 
los, wodurch der Muth der Franzosen nicht wenig gehoben ward. 
Gleichwohl wollte Friedrich Wilhelm eine Schlacht gegen 
Dumouriez wagen, um, falls sie glücklich ausfalle, sofort nach 
Paris loszumarschiren. Die Vorstellungen des Herzogs von 
Braunschweig brachten ihn aber von diesem Vorhaben ab. Der 
Herzog wies auf die Lage des Heeres hin, welche in der That 
übel war. Es fehlte an Lebensmitteln, so daß die Trup¬ 
pen sich tagelang von unreifen Weintrauben nähren mußten, was 
zur Folge hatte, daß bei den kalten Regentagen die Ruhr im 
Heere ausbrach. Dazu kam, daß der lehmige Boden der Cham¬ 
pagne von den anhaltenden Regengüssen in einen förmlichen Mo¬ 
rast verwandelt worden war. Endlich drohete auch noch der fran¬ 
zösische General Custine von Landau aus mit einem Einsalle in 
das nieder-rheinische Deutschland. 
So bestimmte denn die Gesammtlage des Heeres den König, 
statt vorwärts zu gehen, an den Rückzug zu denken. Das 
preußische Heer war von Mangel und Krankheit hart mitgenommen 
worden. Als dasselbe Luxemburg erreichte, betrug sein Gesammt- 
verlust 12,000 Mann. So übel endete der preußische Feldzug in 
die Champagne.
	        
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