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schlecht befolgt. Noch im nämlichen Jahre erschien die zweite
Auflage unter folgendem erbaulichen Titel: „Vom zuludertcn,
zucht- und ehrverwegenen pludrichten Hofenteufel Vermahnung
und Warnung. Anno MDLVI. 4."
Der Herzog Christoph von Württemberg, ein großer Feind
der Pracht und besonders der ausländischen Moden, ergriff, als
die Pluderhosen auch unter seinen Hofieuten Mode werden woll¬
ten, zur Verbannung derselben aus seinem Lande, ein wirksa¬
meres Mittel. Ec gab sogleich Befehl, der Büttel solle solche
Hosen tragen. Das geschah, und die Hofleute gaben nun der
neuen Mode ungesäumt den Abschied. In vielen andern Pro¬
vinzen erhielt sich dieses Kleidungsstück noch bis zu Ende des
sechzehnten Jahrhunderts, wo es endlich einer andern Mode
weichen mußte»
Pracht des Hofes von Burgund.
Einen hohen, glänzenden Rang unter den europäischen Mäch¬
ten des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts behauptete das
Herzogthum Burgund. Ein schöneres, blühenderes Land besaß
damals kein König in Europa.^) Ein wahres „Land der Ver¬
heißung," wie Commincs, der eingeborene Zeitgenosse, es nennt.
Die Hauptstärke dieses mächtigen Staats, der 250 Städte, 150
große Flecken, 3600 sehr große, und gegen 100,000 geringere
Dörfer und Schlöffer in sich faßte, ging von den Niederlanden
aus, die allein ein ganzes Königreich aufwogen. Längst schon
hatte der Segen der Freiheit, des wohlgeführtcn Handels und
*) Es bestand aus den Herzogthümcrn Burgund, Brabant, Limburg,
Luxemburg und Geldern; den Grafschaften Holland, Seeland, Flan¬
dern, Artois, Hcnncgau, Namur, Zütphcn und Burgund; den Herr¬
schaften Mcchcln, tltrecht, Frtcsland, Ober-Assel und Groningen,
und der Markgrasschaft Antorf (Antwerpen).