Kur gänzlichen Versöhnung wollte der König es noch nicht
kommen lasten. Vielmehr hielt er &ur Dämpfung des hoch fah¬
ren den Sinnes seines Sohnes noch eilte fernere Abbüßung nöthig.
Deshalb vcrordnete er, der Prinz solle einige Jahre in Küftrin
bleiben und bei der Domainenkammer als wirklicher Kriegsralh
arbeiten, wo ihm gleichsam die ganze Stadt zum Arreste seyn
sollte, so daß er nicht aus den Thoren gelassen werde. Der Prinz
unterzog sich den Geschäften mit dem größten Eifer, und gewiß
ist es, daß er in dieser trefflichen Schule einen schätzbaren Vor¬
rach ökonomischer und finanzieller Kenntnisse eingcsammclt hat.
Der Präsident Münchvw fuhr fort, ihm durch Festlichkeiten aller
Art seinen Aufenthalt so angenehm, wie möglich, zu machen.
Auf die Frage des Präsidenten, wie er sich einst als König
gegen seine gegenwärtigen Feinde zu verhalten gedenke, antwor¬
tete er: „Ich werde feurige Kohlen auf ihr Haupt sammeln."
Und er hat Wort gehalten,, so wie er denen, die um ihn gelitten,
nach seiner Thronbesteigung, wie wir später sehen werden, reich
vergalt.,
Fast das ganze folgende Jahr (1731) verstrich, ohne daß
es den Fürsprechern des Prinzen gelang, ihn von dem langen
Stadtarreste loszubitten. Unterdessen brachte Friedrich Wilhelm
die Heirarh seiner ältesten Tochter mit dem Erbprinzen von
Baireuth, leider nur durch Zwang, zu Stande, und da er
sich sehr auf das Vcrmahlungsfest freute, so wagte man es,
ihm vorzustellen, daß die Freude seiner Gemahlin an diesem Feste
ohne die Gegenwart ihres Sohnes nur unvollkommen seyn würde.
Ec ließ ihn also am vierten Tage der Hvchzeitfeier, an welchem
er bei ungewöhnlich guter Laune war, heimlich nach Berlin
holen und hielt ihn bis gegen das Ende der Tafel versteckt.
Dann trat er bei Eröffnung des Balles mit ihm in den Saal
und führte ihn zur Königin mit den Worten: „Sehen Sie,
Madame, da ist nun der Fritz wieder." Des Empfanges von
der Mutter und der zärtlichen Schwester ist schon in den Me¬
moiren der Prinzessin Erwähnung geschehen. Man erkannte den
Prinzen kaum, da ec sich sehr verändert hatte und ohne Uniform,
in.dem hechtgrauen Nocke erschien. Vier Tage nachher (27. Nov.)
begaben sich alle in Berlin befindlichen Generale, unter Vortritt
des Fürsten von Dessau, zum Könige und baten ihn cin-
müthig, den Prinzen wieder in den Militairdicnsi aufzunehmcn.