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Vierte Periode.
Hälfte desselben, diese ewigdenkwürdige Periode der
Wiederherstellung der Wissenschaften, worin sich eine
so herrliche Vlüthe der neu-europäischen Kultur zu
entfalten begann, auch für Ostfriesland das Zeitalter
der Geburt für ein wiffenschaftliches Leben, welches
schon in dem nächstfolgenden Zeitraum seine Fittige
höher zu heben anfing.
Rirchengeschichte dieses Zeitraums.
Innig und tief wurden bereits in diesem und dem
nachftvorhergehcnden Zeitraum die Mängel und Ge¬
brechen der katholischen Kirche in Deutschland und ei¬
nigen angränzenden Ländern gefühlt. Die Waldenser
in Frankreich, die Wiklifiten in England und ganz
besonders die Hussiten in Böhmen hatten es lebhaft
erkannt, daß die katholische Kirche sowohl in ihren
Lehrsätzen und Gebräuchen, als auch in Hinsicht ihrer
Diener einer gründlichen Verbesserung dringend bedürfe.
Verschwunden war die fromme Einfalt der Christen;
der Gottesdienst war ein eitles Gepränge und ein
sinnloses Geplerr der Lippen geworden. Die Priester,
selbst betrogen, täuschten und drückten das Volk, und
von Rom aus schleuderten die Nachfolger auf dem
Stuhle Petri furchtbare Bannstrahlen über die unglück¬
liche Christenheit. Aber mit allen Bannflüchen und
Achtserklärungen konnten sie es nicht verhindern, daß
die Strahlen eines bessern Lichtes und einer gereinigten
Rcligionserkenntniß, geschöpft aus den heiligen Urkun¬
den selbst, sich nach und nach in alle Länder von Eu¬
ropa, und besonders durch Deutschland verbreiteten.
Auch bis in unser, so weit entlegenes Vaterland dran¬
gen diese Lichtstrahlen, und cS ist zu vermuthen, daß
auch Ostfrieöland an der, der Kirchenverbesserung vor-