Arnold von Winkelried.
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men, wenn er nicht selbst im Frühjahre 1308 wäre ermordet worden.
Später wurden zwar zu wiederholten Malen Heere deutscher Krieger
in die Schweiz geschickt, aber die Bergvölker waren fast immer siegreich.
Anfangs hatten sich nur die Bewohner von Uri, Schwyz und Unter¬
walden mit einander verbunden; in der Folge traten jedoch zu diesen
Eidgenossen, wie man sie nannte, immer mehrere hinzu. Da ka¬
men die Luzerner, die Züricher, die aus Glarus, Zug, Bern und andere.
§ 108. Die Schweizergeschichten erzählen viel von dem Helden-
si'nne, der das freiheitliebende Volk durchdrang und fast allen Feinden
widerstand. Die erste große Schlacht, in welcher diese kräftigen küh¬
nen Bergvölker ein deutsches Heer zum Weichen brachten, war bei
Morgarten, nordöstlich vom Vierwaldstädter See, zwischen den Städ¬
ten Zug und Schwyz (im Jahre 1315). Weit berühmter aber ist der
Kampf bei Sempach, westlich von Morgarten, jenseits des Zug'er
See's (im 1.1386). In dieser Zeit waren in Deutschland die Ritter
und die Städte in fast beständigem Kampf; der Adel und die Bürger
haßten einander; aber das Bauernvolk in der Schweiz, wie man sich
ausdrückte, war den kriegesstolzen Rittern ganz verächtlich. Den Herzog
Leopold an der Spitze, zog ein ritterliches Heer von 4000 Kämpfern
gegen dasselbe aus. Die Schweizer, ungefähr 1500 Mann stark, rück¬
ten ihm entgegen bis Sempach. Sie waren meist ohne Harnisch;
breite Schwerter und Keulen mit Stacheln besetzt, Morgensterne ge¬
nannt, waren ihre Waffen; einige führten auch Hellebarden, mit denen
ihre Ahnherren einst bei Morgarten gekämpft; manche trugen statt des
Schildes ein breites Brett, das sie mit Stricken an den linken Arm
befestigt hatten. Als sie des Heeres der Deutschen ansichtig wurden,
sielen sie nieder auf ihre Kniee nach altem Brauch, fleheten Gott um
Sieg und rannten dann mit gewohntem Schlachtgcschrei von der An¬
höhe herab gegen den Feind. Die Ritter waren von ihren Pferden
gestiegen, hatten sich in einem Viereck aufgestellt und streckten den an-
prallenden Schweizern ihre langen Spieße entgegen, die längs der
Schlachtordnung einen Wald von eisernen Spitzen zu bilden schienen.
Vergeblich späheten die Andringenden, ob diese Reihe zu durchbrechen
sei. Ueberall drohete dem kühnen Angriff der gewisse Tod. Da trat
einer der Eidgenossen hervor, Arnold von Winkelried, ein Mann
von riesiger Größe. „Liebe Eidgenossen," sprach er, „ich will euch eine
Gasse machen; sorgt für mein Weib und meine Kinder!" Entschlossen
sprang er auf die feindliche Linie zu, breitete beide Arme aus, raffte so
viele Lanzen, als er umfassen konnte, zusammen, richtete die Spitzen
derselben gegen seine Brust und während er durchbohrt zur Erde sank,
öffnete er seinen Landsleuten einen Weg. Diese drangen ein, sprengten