Full text: Die deutsche Geschichte für Schule und Haus

Carl's Kaiscrkröuung. 
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der Papst in die neu erbaute Domkirche, wo er das h. Meßopfer dar¬ 
bringt und einen Altar weihet, den er mit den Reliquien des h. Stepha¬ 
nus ausstattet. 
Unbeschreibliche Freude herrschte unter dem Volke, als es den 
Vater der Christenheit in seiner Mitte sah. Dieser war zwar gekom¬ 
men als ein um Hülfe Flehender, aber auch, um zugleich Besitz von 
dem Lande zu nehmen, welches nach so langen blutigen Kämpfen für 
das Kreuz gewonnen war. Was Rom's Legionen acht Jahrhunderte frü¬ 
her vergebens erstrebt hatten, war jetzt den Waffen Carl's des Großen 
und den Bemühungen der christlichen Glaubensboten gelungen: das ganze 
nördliche Deutschland gehorchte dem Frankenkönige, der im folgenden 
Jahre römischer Kaiser ward, und brachte dem höchsten der Bischöfe, 
dem Bischöfe von Rom, als seinem geistlichen Lenker seine Huldigung dar. 
10. Nach einigen Tagen trat Leo III., von Carl auf's reichlichste be¬ 
schenkt und von einer großen Heeresmacht begleitet, seine Rückreise an. 
Was während der Zeit seines Aufenthaltes zu Paderborn zwischen ihm 
und dem Könige verhandelt ist, hat uns Niemand überliefert, aber eS 
ist äußerst wahrscheinlich, daß eben hier schon die Wiederherstellung der 
römischen Kaiserwürde, welche im folgenden Jahre erfolgte, verabredet 
wurde. Und somit gab diese Zusammenkunft des Papstes mit Carl dem 
Großen zu Paderborn die Veranlassung zur ersten Erneuerung des abend¬ 
ländischen Kaiserthums und der ganzen römischen Reichsherrlichkeit deut¬ 
scher Nation. 
11. Im Herbste des folgenden I. (800) unternahm Carl selbst einen 
Zug nach Italien und hielt als Schirmvogt der röm. Kirche ein stren¬ 
ges Gericht über die Verbrecher, welche unlängst den Papst mißhandelt 
und zur Flucht genöthigt hatten. Darauf fand zu Rom ein Ereigniß 
von welthistorischer Bedeutung statt. Als nämlich der Frankenkönig am 
ersten Weihnachtstage im Feftgewande eines röm. Patricius in der St. 
Peterskirche knieend seine Andacht verrichtete, erschien auf einmal der 
Papst, fetzte ihm eine goldene Krone auf's Haupt und begrüßte den neuen 
Kaiser nach altröm. Weise, indem er mit einer Hand seine Lippen, mit 
der andern die Hand des Gekrönten berührte und sich gegen denselben 
verneigte. Das versammelte Volk aber, freudig bewegt, rief dreimal 
mit lauter Stimme: „Carolo Augusto, dem von Gott gekrönten, großen 
friedenbringenden Kaiser der Römer Leben und Sieg!" Und überall, wo 
Carl sich zeigte, wurde er als Augustus und Imperator begrüßt. 
So war das römische Kaiserthum, das 324 Jahre vorher durch 
Odoaker vernichtet war, durch Carl den Gr. wieder hergestellt, wodurch 
diesem eine höhere Stellung und Weihe unter den christlichen Herrschern 
gegeben und an die Stelle des aus Italien und dem ganzen Abendlande 
verdrängten byzantinischen Wesens das christlich-germanische gesetzt wurde. 
Nach einer dunkeln Kunde von der Macht der alten römischen Kaiser 
erschien jetzt Carl den Völkern des Abendlandes als der erste und höchste 
der Herrscher, so wie als oberster Schntzherr der Kirche, und er selbst 
legte auf die Kaiserwürde einen solchen Werth, daß er sich von allen 
seinen Unterthanen auf's neue den Eid der Treue und des Gehorsams 
schwören ließ. 
8. 43. Erweiterung des Reiches nach der Kaiserkrönung; Friede mit den Sachsen. 
1. Nachdem auf diese Weise Carl's Thron einen neuen Glanz er¬ 
halten hatte, nahm auch sein Reich fortwährend an llmfange zu. Im
	        
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