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Deine Tochter saß im Saale,
Festlich, eines Herzogs Braut,
Und da sang vor ihr mein Bote
Dem ein Lied ich anvertraut;
Sang, was einst ihr Stolz gewesen,
Ihres Dichters Sehnsuchtlaut,
Bis ihr leuchtend Brautgeschmeide
Ganz von Thränen war bethaut.
Aus des Oelbaums Schlummerschatten
Fuhr dein bester Sohn empor,
Als mit zorn'gen Schlachtgesängen
Ich bestürmen ließ sein Ohr.
Schnell war ihm das Roß gegürtet,
Und ich trug das Banner vor,
Jenem Todespfeil entgegen,
Der ihn traf vor Montforts Thor.
Blutend lag er mir im Arme,
Nicht der scharfe, kalte Stahl,
Daß er sterb' in deinem Fluche
Das war seines Sterbens Qual
Strecken wollt' er dir die Rechte
Ueber Meer, Gebirg' und Thal
Als er deine nicht erreichet,
Drückt er meine noch einmal.
Da, wie Autafort dort oben,
War gzebrochen meine Kraft;
Nicht die ganze, nicht die halbe
Blieb mir, Saite nicht, noch Schaft.
Leicht hast du den Arm gebunden,
Seit der Geist mir liegt in Haft;
Nur zu einem Trauerliede
Hat er sich noch aufgerafft.“
Und der König senkt die Stirne:
„Meinen Sohn hast du verführt,
Hast der Tochter Herz verzaubert,
Hast auch meines nun gerührt.
Nimm die Hand, du Freund des Todten,
Die, verzeihend, ihm gebührt.
Weg die Fesseln! Deines Geistes
Hab' ich einen Hauch verspürt.“
Uhland.“
VV—
162. Arion.
Arion war der Töne Meister,
Die Zither lebt in seiner Hand;
Damit ergöht er alle Geister,
Und gern empfing ihn jedes Land.
Er schiffte goldbeladen
Jetzt von Tarents Gestaden,
Zum schönen Hellas hingewandt.
Zum Freunde zieht ihn sein Verlangen,
Ihn liebt der Herrscher von Korinth.
Eh' in die Fremd' er ausgegangen,
Bat der ihn, brüderlich gesinnt:
„Laß dir's in meinen Hallen
Doch ruhig wohlgefallen!
Viel kann verlieren, der gewinnt!“
Arion sprach: „Ein wandernd Leben
Gefällt der freien Dichterbrust.
Die Kunst, die mir ein Gott gegeben,
Sie sei auch vieler Tausend Lust.
An wohlerworbnen Gaben
Wie werd' ich einst mich laben,
Des weiten Ruhmes froh bewußt!“
Er steht im Schiff am zweiten Morgen,
Die Lüfte wehen lind und warm.
„O Periander, eitle Sorgen!
Vergiß sie nun in meinem Arm!
Wir wollen mit Geschenken
Die Götter reich bedenken,
Und jubeln in der Gäste Schwarm.“
Es bleiben Wind und See gewogen,
Auch nicht ein fernes Wölkchen graut,
Er hat nicht allzuviel den Wogen,
Den Menschen allzuviel vertraut.