Full text: Geschichte der neueren Zeit (Abth. 3)

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Geschichte der neueren Zeit. 
1564. vellas und setzte sie durch, worauf er die treuesten Diener des Königs aus 
den meisten Aemtern verdrängte und seinen Sieg auf jede Weise ausbeu¬ 
tete. Da ordnete der König die Errichtung von zehn neuen Bis- 
thümern an, weil er der aus Deutschland eingedrungenen neuen 
Lehre dadurch einen Damm entgegensetzen wollte, allein er that dies 
ohne Zuziehung der Stande und fand daher auch bei vielen aufrichtigen 
Katholiken keinen Beifall. Als Philipp die Gesetze gegen die Häre¬ 
tiker mit Strenge zu handhaben gebot, so hieß es, er gehe mit dem 
Gedanken um, die spanische Inquisition in den Niederlanden 
einzuführen, und Oranien sowie andere Provincialstatthalter erklärten, 
sie seien nicht im Stande diese Gesetze in ihren Provinzen zu voll¬ 
ziehen. 
§ 106. Wilhelm von Oranien, der Schweigsame genannt, 
trug schon damals den Gedanken des Abfalls von dem Könige in sich; 
er gehörte dem Hause Nassau-Dillenburg an, war in den Niederlanden 
begütert und führte den Beinamen Oranien von der französischen Herr¬ 
schaft Orange, die sein Haus von den Herren von Chalons ererbte. Prote¬ 
stantisch erzogen spielte er bei Karl V. den Katholiken, wurde von ihm 
begünstigt und von Philipp II. zum Statthalter von Holland, See¬ 
land und Utrecht ernannt. Als Karls V. Bestreben, Deutschland 
die Kaisermacht und die Glaubenseinheit wieder herzustellen, vollständig 
mißlungen war, wuchs auch den Anhängern der Reformation sowie dem 
nach Unabhängigkeit strebenden Adel in den Niederlanden der Muth 
um so mehr, als König Philipp in dem kurzen Kriege gegen Hein¬ 
rich !l. sich unfähig gezeigt hatte, einen Feldzug zu leiten. Als er die 
Freiheiten der Niederlande zu beeinträchtigen drohte, stiftete Oraniens 
Freund, Philipp von Mar nix, einen Bund von Edelleuten (das 
sogenannte Kompromiß), in welchem sie gelobten, die Freiheiten der 
Niederlande gegen fremde Unterdrückung zu vertheidigen und namentlich 
die Einführung der spanischen Inquisition nicht zu dulden; diese Ver¬ 
bindung der „Geusen" (gueux, Bettler) erschien am 5. April 1566 
vor der Statthalterin im Schlöffe und überreichte ihr eine Bittschrift, 
die nicht so fast gegen eine geschehene Verletzung der Gesetze, als 
gegen eine mögliche oder gefürchtete gerichtet war. Diese Demonstra¬ 
tion des Adels löste der sanatisierte Pöbel nach seiner Weise ab, indem 
zahlreiche Schwärme in Antwerpen, Westflandern und Artois 
Klöster und Kirchen stürmten und verwüsteten, die Kirchenschätze aber 
raubten. Dieser Ausbruch führte aber eine Wendung herbei; viele 
Geusen traten aus dem Bunde, weil sie nichts gegen die katholische 
Kirche unternehmen wollten, wie z. B. die Grafen Egmond und 
Horn und ersterer half die Kirchenschänder mit Waffengewalt zu 
Paaren treiben. Im Frühsahr 1567 nahm die Statthalterin den hohen 
Beamten noch einmal den Eid der Treue ab, Philipp aber, der auf 
die Haltbarkeit dieses Bindemittels kein Vertrauen setzte, schickte seinen 
berühmten Feldherrn, den Herzog von Alba, mit ungefähr 15,000 
bewährten Soldaten nach den Niederlanden. Oranien, der recht wohl 
wußte, was ihm drohte, stüchtete mit seiner Familie nach Deutschland, 
und viele tausende Vornehmer und Geringer folgten seinem Beispiele. 
8 107. Im Sommer kam Alba wirklich und die Statthalterin 
dankte bald darauf ab, als Alba im Namen des Königs wie ein
	        
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