Full text: Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht ([Theil] 1)

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Das Reich der Casaren. 
der Herr der Welt, hatte die Menschheit nicht in das Dasein gerufen, 
damit sie in Verzweiflung ende; Er hatte die Völker ihre eigenen Wege 
gehen lassen, so lange sie ohne Ihn das Glück des Lebens zu finden ver¬ 
meinten; aber als nun das eine von dem anderen vernichtet, als die 
römische Herrlichkeit in Knechtschaft versunken war, das Menschengeschlecht 
nur noch Sklaven und Wilde zählte: da ging der Rathschluß Gottes in 
Erfüllung, den Er den ersten Eltern nach ihrem Falle geoffenbart und wel¬ 
chen Israel als Vermächtniß aufbewahrte. Er sandte Seinen eingebornen 
Sohn, damit Er die Menschheit von dem Fluche der Sünde erlöse und sie 
neu schaffe zum Leben. Durch Ihn nahm Er die Menschheit wieder zu 
Seinen Kindern an und unter Seine väterliche Obhut, und behütet sie und 
errettet sie fortwährend durch das Heil, das Er auf Erden aufgerichtet 
hat; Er gründete durch den Sohn das Gottesreich, die Kirche, in welcher 
die Allmacht des dreieinigen Gottes waltet bis an das Ende der Tage. 
Es geschah im 29sten Jahre der Alleinherrschaft des Augustus, 
im ersten Jahre der 195sten Olympiade, daß zu Bethlehem im Lande 
Juda der Heiland der Welt geboren wurde (so laut der älteren Be¬ 
rechnung, nach der neuesten aber fällt die Geburt Christi auf den 25. Dez. 
des Jahres 747 nach Roms Erbauung, oder in das zweite Jahr der 
193sten Olympiade). Der Römer ahnte von dem großen Wunder nichts, 
von dem Leben und dem Kreuzestode des Heilandes nahm der Proku¬ 
rator des Cäsars kaum flüchtige Kunde, aber die Erlösung war ge¬ 
schehen und das Evangelium von ihr verbreitete sich über die Erde und 
wurde von den „Armen" ausgenommen. Die Juden fanden in ihrem 
Dünkel im Evangelium nicht die Erfüllung des Bundes, weil sie ein 
Vorrecht vor andern Völkern auf die göttliche Gnade haben wollten und 
zudem davon träumten, durch den Messias regierende Herren dieser Welt 
zu werden. Die Apostel dagegen sprachen es in Jerusalem in ihrer 
Versammlung aus, daß Heiden wie Juden berufen seien, und eine Fü¬ 
gung der Vorsehung führte den Apostelsürsten Petrus nach Rom in die 
Welthauptstadt, damit der schwache Heide nicht von dem Vorurtheile 
umstrickt werde, daß das Christenthum eine jüdische Religion sei, weil 
dessen Haupt in Judäas Stadt, dem völkerhassenden Jerusalem, wohne. 
Als Rom der Mittelpunkt des Christenthums wurde, war ausgesprochen, 
daß das Christenthum für den Erdkreis, für alle Menschen bestimmt sei. 
So wurde Rom zur Weltstadt in einem höheren Sinne und in Wahr¬ 
heit zur Roma aeterna. 
Unterdessen erfüllte sich aber das Schicksal des cäsarischen Roms 
mehr und mehr, und wenn Augustus nichts von Bethlehems Wunder¬ 
nacht erfuhr, so widerhallten die Nachrichten aus Germaniens Wäldern 
um so lauter in seinem Palafle.
	        
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