672 Zwölftes Hauptftück.
benslänglicher diktatorischer Präsidentcnwürde gesteigert
hatte, gab Venezuela das Signal zur Trennung: Bolí¬
var, der abdankte und nach Europa reisen wollte, starb
den 17. Dez. 1850 auf seinem Landsitze an der Schwind¬
sucht: auch Neugranada riß sich los, und 1832 wurde
Columbien kraft Vertrags eine Union dreier, im In¬
nern unabhängigen Republiken: Neugranada oder der
nordwestliche Theil hat Bogota, Ecuador hat Quito, Ve-
nezuela hat Caraccas zu seiner Hauptstadt: Streitigkeiten
zwischen den Gliedern der Union werden durch erwählte
Schiedsrichter abgemacht, auswärtige Verhältnisse und
Kriege in gemeinschaftlichem Interesse geregelt und ge¬
führt. In Peru hatte San Martin von Chili her den
Saamen der Freiheit ausgestrcut: seit dem 7. Sept. 1820
landete er, von Cochrane trefflich unterstützt, an ver-
schiednen Punkten, lockte die Indier durch Abschaffung
der Kopfsteuer und der Bergwcrksfrohnen, erklärte künf¬
tig geborne Sklavenkinder für frei, spielte die besten Stel¬
len Grundbesitzern in die Hände, errichtete den militäri¬
schen Sonnenorden, vcranlaßte Guerillasbanden im Ge-
birg, zog den 9. Juli 1821 in Lima ein, gewann am
22. Sept. das nahe, wichtige Callao, reiste aber, weil
er mit Cochrane zerfallen war, und die mit dem gleich,
falls ehrgcitzigen Bolívar unterhandelte Allianz nicht zu
Stande brachte, unmittelbar darauf nach Chili, später
nach Brüssel und nach London. Nun folgte eine für den
kaum geschaffnen Freistaat sehr bedenkliche Epoche: die
Spanier, obwohl sich selbst überlassen, leisteten unter
dem Vicekvnig la Serna und den Generalen Cante-
rac und Valdez entschloßnen Widerstand; die Truppen
der Republikaner, gemischt aus Peruanern, Chilenen und
über Quito vvrgedrungnen Columbiern, zwieträchtig un¬
ter sich, zerfallen mit Negierung und Congrcß, litten
schwere Unfälle, und sogar Callao gieng wiederum ver¬
loren. Endlich, in größter Bedrängniß, setzte man sich
darüber hinweg, daß die peruanische Provinz Guayaquil
zu Columbien geschlagen worden war, und ernannte Bo-