Object: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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zuweilen ungewöhnlich großes Schilfrohr, künstlich bearbeitetes Holz, 
ja einmal zwei Leichname von fremdartiger Bildung von Westen her 
hatten an den Küsten der Azoren antreiben sehen. Kolumbus wollte die 
Ehre und den Vortheil seiner Unternehmung seiner Vaterstadt zuwenden, 
wurde aber von den Genuesen als Projectmacher abgewiesen. Ebenso 
erging es ihm in Portugal. Er wandte sich nun nach Spanien, wo 
damals Ferdinand von Aragonien und Jsabella von Castilien regierten. 
Diese übergaben die Vorschläge des Kolumbus einem Ausschüsse von 
gelehrten Männern und Geistlichen, welche auf den armen genuesischen 
Abenteurer mit Hochmuth herabsahen und gegen dessen Plan wunderliche 
Bedenken äußerten. Auch befanden sich Ferdinand und Jsabella damals 
in großer Geldverlegenheit und hatten überdies ihre ganze Aufmerksam¬ 
keit auf den Krieg mit den Mauren von Granada gerichtet. Deßhalb 
wurde die Entscheidung für Kolumbus immer weiter und weiter hinaus¬ 
geschoben. Mit unermüdlicher Geduld folgte dieser Jahre lang dem 
Hofe von einem Orte zum anderen. Endlich erhielt ec den Bescheid, 
man könne sich jetzt in so unsichere und kostspielige Unternehmungen 
nicht emlaffen. 
Bereits hatte Kolumbus seinen Bruder Bartholoinäus nach 
England geschickt, um vielleicht den dortigen König für feinen Plan zu 
gewinnen. Allein Bartholomäus war einem Kaper in die Hände gefallen 
und nach mancherlei Schicksalen in Bettlersgestalt nach England gekom¬ 
men. Schon wollte Kolumbus ihm nachreisen; da fiel Granada, und 
die Freunde des Kolumbus benutzten die frohe Stimmung, um endlich 
Ferdinand und Jsabella zur Annahme von Kolumbus Vorschlägen zu 
bewegen. Am 17. April 1492 wurde der Vertrag unterzeichnet. Kolum¬ 
bus wurde zum Großadmiral aller neuen Meere und zum Unterkönig 
aller Länder und Inseln, die er entdecken würde, ernannt; es wurde 
ihm der zehnte Theil aller aus diesen zu hoffenden Einkünfte bewilligt. 
Alle diese Würden und Vortheile sollten aus seine Nachkommen über¬ 
gehen. Kolumbus begab sich nach Paloß, einem Hafen in Andalusien, 
wo die kleine Flotte ausgerüstet wurde. Drei höchst mittelmäßige Schiffe, 
von denen zwei nicht viel mehr als große Boote waren, machten die 
ganze Flotte aus. Die Bemannung bestand aus 120 oder 90 Personen, 
von denen die meisten sich nur sehr ungern auf das tollkühne Unter- 
nehmen einließen. 
Am 3. August 1492, kurz vor dem Aufgang der Sonne, stieß die 
kleine Flotte vom Lande ab. Am dritten Tage brach ein Steuerruder, 
doch wurden die canarischen Inseln glücklich erreicht und nach Ausbes¬ 
serung der Schiffe am 6. September wieder verlassen. Ein Ostwind, 
der sich nach einigen Tagen erhob, begünstigte die Fahrt. Bald war 
alles Land aus den Augen der Schiffenden verschwunden und auch den 
Beherztesten fing der Muth zu sinken an. Kolumbus suchte ihnen Ver¬ 
trauen einzuflößen. Unermüdet stand er Tag und Nacht mit Senkblei 
und Beobachtungsinstrument auf dem Verdeck, schlief nur wenige Stunden 
und zeichnete die kleinste Beobachtung auf. Die Furcht und Angst der 
Schiffsmannschaft wuchs mit der Entfernung und ging endlich in Murren 
und offene Empörung über. Schon faßten Einige den verruchten 
Gedanken, den hochherzigen Führer über Bord zu werfen, wenn er sich 
weigere umzukehren; da wurde am 12. Oktober Land entdeckt. Das
	        
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