110 Deutschlands Wirtschaftsleben.
immer mehr zu steigern. In den letzten 100 Jahren hat sich der Ertrag auf diese
Weise verdoppelt. Im Jahre 1912 wurden auf je 1 ha Fläche geerntet (ausgedrückt
in Doppelzentnern; 1 dz = 100kg):
Weizen . . . 22,6 dz (Belgien 26,6, Irland 23,4, Niederlande 26,3,
Rußland 6,9, Argentinien 9,3, Bereinigte
Staaten 10,7),
Roggen . . 18,5 „ (Belgien 23,6, Rußland 9,0, Rumänien 8,5),
Gerste . . . 21,9 „ (Belgien 28,7, Großbrit. 23,6, Rußland 8,7),
Hafer. . . . 19,4 „ (Belgien 24,3, Rußland 8,5),
Kartoffeln. . 150,3 „ (Belgien 175,4 Niederlande 189,6, Ruß-
land 81,7).
Die Zahlen zeigen deutlich die hohe Stufe der deutschen Landwirtschaft, die
nur noch eine geringe Steigerung der Erträge erwarten läßt. Außerdem dürfen
wir nicht vergessen, daß eine derartige Ausnutzung des Bodens vom Landwirt be-
deutende Opfer an Geld für Düngemittel fordert. Erst seit man gelernt hatte,
künstliche Düngemittel zu verwenden, begann der Aufschwung der deutschen Land-
Wirtschaft. Deutschland besitzt einen unschätzbaren Vorrat an künstlichem Dünger
in den Kalisalzen von Staßfnrt (Jahresverbrauch für 62 Mill. M), in den
phosphorhaltigen Hochofenschlacken der lothringischen Eisenwerke („Thomasmehl").
Trotzdem bezieht es jährlich noch für 179Mill. M. Düngesalpeter aus Chile.
So ist selbst bei den hohen Leistungen der deutschen Landwirtschaft unser Volk
auf einen dauernden Zuschuß an Brotgetreide aus dem Ausland angewiesen. (Noch
mehr allerdings England, das jährlich für 1200 Mill. M. bezieht!)
Zu ähnlichen Schlußfolgerungen führt eine Betrachtung der deutschen
Viehzucht.
Im Jahre 1912 gab es in Deutschland:
Pferde . . 4,5 Mill. (Rußland 24, Vereinigte Staaten 21, Ar¬
gentinien 7,5),
Rinder . . 20,0 „ (Brit.-Jndien 112, Vereinigte Staaten 56,
Rußland 35, Argentinien 29),
Schweine. . 22,0 „ (Vereinigte Staaten 61, Rußland 12),
Schafe ... 5,8 „ (Australien 112, Argentinien 67, Vereinigte
Staaten 57, Uruguay 26, Großbritan-
nien 25, Spanien 16),
Ziegen ... 3,4 „
Deutschland steht in der Pferdezucht (Oldenburg, Mecklenburg, Schleswig-
Holstein, Ostpreußen) innerhalb Europas gleich hinter Rußland, muß aber jähr-
ttch noch etwa 100—125 000 Stück einführen (Belgien, Dänemark).
Der Rindviehbestand (Marschen, Allgäu) bedarf ebenfalls einer jährlichen
Zufuhr aus dem Auslande von 200 000 Stück (Dänemark, Österreich-Ungarn).
Die Schweinezucht ist im Laufe des letzten Jahrhunderts gewaltig gestiegen.
Deutschland hat Hierin alle Länder der Erde, mit Ausnahme der Union, überflügelt.
Trotzdem wurden 1912 noch 127 000 Schweine (meist aus Rußland) eingeführt.