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— Ass die Kriegsleute nun mit Jesus auf Gol¬
gatha angekommen waren, errichteten sie sogleich
das Kreuz. Sie reichten ihm Wein zu trinken,
der mit Myrrhen und Galle vermischt war; Jesus
schlug aber dieses Getränk aus, um nicht betäubt
zu werden, was man eigentlich bezweckte. Er
wollte mit klarem Bewußtseyn leiden und sterben,
um noch bis zum letzten Augenblicke Gutes zu
thun. Und nun ward er entkleidet, an das Kreuz
hinaufgehoben und angenagelt. Die zwei Uebel-
thäter wurden sodann auch gekreuzigt — der eine
zu seiner Rechten, der andere 51t seiner Linken,
als wäre er der Aergste von ihnen. Auch nicht
Ein Laut des Schmerzes entfuhr Jesus. Das
Einzige hörte man ihn am Kreuze hangend sagen:
„Barer, vergieb ihnen, sie wissen nicht, was sie
thun!" — Ueber dem Haupte jedes Gekreuzigten
wurde nach römischem Gesetze allemal eine Tafel
befestigt, auf der die Ursache der Verurtheilung
geschrieben stand. So geschah es denn auch mit
Jesus. P. Pilatus, der bei Jesus kein Verbre¬
chen anzugeben wußte, ließ darauf schreiben: „Die¬
ser ist Jesus von Nazareth, der König der Juden."
Die Priester und Pharisäer machten gegen diese
Worte, da sie solche für Spott hielten, dem P.
Pilatus Vorstellungen und sprachen, es müsse hei¬
ßen: „Dieser ist's, der sich für den König der
Anden a ll s g e g e b e n hat." Allein Pilatus sprach:
„Was ich geschrieben habe, das bleibt geschrie-