Full text: Erziehender Geschichtsunterricht

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selber alles zerstört haben und Gott weiß wohin geflohen sind, was 
soll denn da nun aus dem Riesenheer werden? Aber Napoleon dachte: 
„Wartet nur, wenn wir erst eure Hauptstadt Moskau erobert haben, die 
ist so groß und reich, und da lagern soviel hunderttausend Scheffel in 
euren Kornhäusern, davon kann ich mit meinem Heer den ganzen Winter 
über leben." Und so hielt er es auch glücklich aus und kam nach Moskau 
und legte seine Truppen ins Quartier und dachte, hier könnten sie nun 
Rußland ebenso aussangen, wie sie Preußen ausgesogen hatten. 
Da geschah etwas Fürchterliches, woran allerdings kein Mensch ge- 
dacht hatte. Die Russen, die da in der Hauptstadt Moskau wohnten, 
hatten fast alle die Stadt verlassen. Es war recht öde und leer in den 
Häusern und garnicht so gemütlich, wie in dem schönen Magdeburg und 
in den andern Städten von Preußen. Aber wie sich die Franzosen 
schimpfend da eingerichtet hatten und lagen in einer dunklen Nacht im 
Schlaf, da wachten plötzlich ein paar Soldaten davon auf, daß solch 
roter Schein in ihre Stube fiel. Und wie sie aus dem Bett sprangen, 
da roch es auch so brenzlich, und da drang der Onalm durch die Tür- 
ritzen. Kaum, daß sie im Hemde oder halb angezogen auf die Straße 
stürzen konnten. Aber woher kam denn das nur? Ein paar Häuser weiter 
schlugen auch schon die Flammen aus dem Dach heraus, und aus der 
Nebenstraße glühte der Lichtschein, und nun fing es an allen Ecken und 
Enden der Stadt an, und ein Sturm kam heulend dahergefahren, und 
ganze Wolken und Massen von Rauch wälzten sich daher, und Feuermeere 
lohten dazwischen, als sollte die ganze Welt in Flammen aufgehen. Die 
Russen hatten ihre eigene Stadt angesteckt, um diese verhaßten Feinde zu 
verbrennen oder doch all die Vorräte zu vernichten, von denen sie leben 
wollten. Ohnmächtig und voll Grimm stand Napoleon auf dem Kreml, 
dem alten Kaiserschloß von Moskau, und sah in dies Flammenmeer hinaus. 
Aber sein Trotz war zu hart, als daß er schon nachgegeben hätte. „Ich 
will es zwingen", dachte er. Aber er zwang es nicht. Seine Leute hatten 
nichts zn essen. Mitten im Oktober mußte er weg, nach Hanse. Erst 
wollte er nach Süden ziehen, um neue Gegenden von Rußland aufzusuchen. 
Aber dann graute er sich wohl doch, in das unbekannte Land noch tiefer 
einzudringen, und er bog nun auf die Straße nach Deutschland zurück, 
wo er gekommen war. 
Aber nun begann ein Gericht Gottes, wie es furchtbarer noch nicht 
erlebt worden ist. Plötzlich und mit schrecklicher Gewalt brach der Winter 
herein. Es ist ja sowieso viel kälter dort im weiten Rußland, als hier 
bei uns im deutschen Vaterland. Aber diesmal kam der Winter so
	        
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