Metadata: Biographien und Monographien (Teil 2)

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Um dieselbe Zeit bestieg Karl XII, ein Fürst von fast un¬ 
erhörter Willenskraft, aber auch eben so großem Starrsinne, den 
schwedischen Thron. Da der junge König erst 15 Jahre alt 
war. glaubten die benachbarten Herrscher von Dänemark, 
Polen und Rußland, mit Leichtigkeit auf Kosten des nordischen 
Reiches Eroberungen machen zu können. Besonders trachtete Zar 
Peter der Große nach dem Besitze der schwedischen Provinzen 
Livland, Esthland und Jngermanland, um freien Verkehr zur See 
zu gewinnen und dadurch den inneren unb äußeren Aufschwung 
seiner Staaten zu befördern. 1699 traten die genannten Mächte 
mit einander in ein Bündnis, unb die Dänen fielen in das den 
Schweden befreundete Schleswig-Holstein, die Polen in Livland 
und die Russen in Jngermanland ein. Doch man sollte bald 
inne werden, wie sehr man sich in dem kaum erwachsenen Karl 
getäuscht, der trotz seiner Jugendlichkeit alle Eigenschaften eines 
fertigen Kriegsfürsten besaß. Gefahren, vor denen entschlossene 
Männer zurückbebten, waren seine Lust, die Anstrengungen und 
Beschwerden eines Feldzuges galten ihm für Genüsse, den Winter 
verbrachte er in einer strohgeflochtenen Hütte auf hartem Lager 
und ohne alle sonstige Bequemlichkeit, und mit feinen Soldaten 
teilte er den letzten Bissen Brot unb den letzten Tropfen aus der 
Flasche. Während feine Räte nicht wußten, wie dem drohenden 
Sturme zu begegnen fei, stellte sich Karl an die Spitze feines 
Heeres, fetzte nach Seelaud über und bombardierte Kopen¬ 
hagen. Als ihm hier die ersten Kugeln um das Haupt schwirrten 
und er bie Ursache bes seltsamen Pfeifens vernahm, rief er fröh¬ 
lich ^ aus: „Das soll künftig meine Musik fein!" Der Dänen¬ 
könig hatte sich eines solchen Angriffes nicht versehen, und da er 
feine Hauptstadt nicht der Zerstörung preisgeben wollte, schloß 
er schnell mit dem Gegner Frieden. Nun wandte sich der junge 
Held nach Livland und Esthland, suchte mit feinen 8000 Mann 
bie 40000 Mann starken Russen bei Narwa auf unb brachte 
ihnen nach zweistündigem Kampfe eine furchtbare Nieberlage bei. 
So schrecklich diese auch war, Zar Peter verlor ben Mut nicht. 
"Ich weiß Wohl", sagte er, „bie Schweben werben uns noch oft 
schlagen, aber mit ber Zeit werben wir bas Siegen von ihnen 
lernen unb sie wieder schlagen." Zwei Feinbe hatte Karl über- 
wunben, jetzt sollte bie Reihe an ben britten kommen, an August 
den Starken, König von Polen und Kurfürsten von Sachsen. 
In raschem Siegeszuge drang er nach Warschau vor, ließ einen 
polnischen Edelmann, Stanislaus Lesezinsky, zum Könige 
wählen und rückte dann in Sachsen ein, wo er August durch den 
fyrieften von Altranstädt nötigte, auf die Krone Polens zu 
verzichten. 
Während Karl XII im Westen beschäftigt war, erholte sich
	        
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