Full text: [Teil 5 = [7. u. 8. Schuljahr], [Schülerband]] (Teil 5 = [7. u. 8. Schuljahr], [Schülerband])

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der Sandwirt würde sein Unrecht einsehen, die Tiroler zur Ergeben— 
heit gegen die neue Obrigkeit auffordern und sich selber unterwerfen. 
„Aber nein, er tut's nicht!“ rief der Raffl und gab sich den An— 
schein großer Entrüstung, „er ist gegen Gott und Gesetz und Vater— 
land! Und so viele der guten Seiten sonst an ihm sein mögen, man 
kann keine Geduld und Schonung mehr für ihn haben. Bei Gott, 
mir kommt's schwer an, aber die Gerechtigkeit forderl's, die Vaterlands⸗ 
liebe.“ — Er blieb stehen und sagte leise, zu einem der Scherschanten 
vorgeneigt: „Ich weiß, wo er ist.“ 
Sie packten ihn vor Freude und Begier an den Rockflügeln. 
„Stoßet mich nur nicht um!“ sagte der Führer; „wir müssen 
gescheit sein, und daß er uns nicht etwan zuletzt auskommt. Wenn 
ich euch schon führen soll, so müssen wir umkehren. Das ist nicht der 
beste Weg hinauf ins Fartleis, und es haben uns auch Leute gesehen, 
die ihm's zu früh hinterbringen könnten. Ihr müßt wieder ins Wirts— 
haus zurück, daß ihr euch ausruht und stärkt; der Weg ist nicht lind, 
das sage ich euch. Um elf Uhr nachts macht euch auf, geht bis zur 
Brücke herein, wo das Kreuz steht, dort will ich auf euch warten!“ 
So ist's ausgemacht worden. Im Wirtshaus war lustiger Ball. 
Die französischen Offiziere unterhielten sich recht gut mit dem nieder— 
geworfenen Tiroler Völkel. Plötzlich trat ein Scherschant auf den 
Tanzboden und sagte einem der Offiziere etwas ins Ohr. Dann 
sammelten sich diese in Gruppen und sprachen geheimnisvoll mit— 
einander. Endlich verließen sie das Haus, und einer hatte noch zur 
Wirtin gesagt: „Jetzt werden wir den Andreas Hofer fangen gehen!“ 
worauf die Wirtin antwortete: „Ah, das wird wohl nicht sein.“ Und 
bald zogen die Franzosen in Überzahl aus gegen die Prantacher Alm. 
Der Raffl war in sein Haus zurückgekehrt, wo er den Abend 
sehr schweigsam war, in einem alten Kasten nach Kleidung suchte, 
obwohl er ohnehin die seine am Leibe hatte, und immer nach dem 
Wetter ausschaute. Als die paar Dienstboten des Hauses in ihre 
Betten gegangen waren, schnitt er sich den Bart weg. Sein Weib 
dachte: „Da trägt sich wieder einmal was zu, eine tolle Wilderei 
oder so was,“ sagte aber nichts, weil er sie in seiner schlechten Stim— 
mung — und eine solche schien zu sein — oft sehr grob abfertigte. 
Als sie nach Mitternacht einmal aufwachte, war er nicht da. — 
Auch die Bewohner der Hütte auf der Prantacher Alm waren 
in derselben Nacht später als sonst zur Ruhe gekommen. Es war
	        
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