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Natibor, Groß-Glogau, und die Jnquisitoriate, Stadt- und
Landgerichte, Stadtgerichte und Patrimonialgerichte als
Untergerichte. Die ganze Provinz ist nach der Zahl der Obergerichte
in drei Jurisdiktionsbezirke getheilt, welche wieder für die Un¬
tergerichte in mehrere, verschieden große Abtheilungen zerfallen. Der
Wirkungskreis des Oberlandesgerichts Breslau erstreckt sich
über Mittelschlesien mit Ausnahme des Kreises Guhrau, über den Kreis
Kreuzburg von Ober- und die Kreise Bolkcnhain, Landeshut, Jauer.
Schönau und Hirschberg von Niederschlesien, also über 27 Kreise; -der
Verwaltungsbereich des Oberlandesgerichts Ratibor umfaßt ganz
Oberschlesien ohne den Kreis Kreuzburg, im Ganzen 15 Kreise; das
übrige Niederschlesien ohne den Kreis Hoyerswerda, aber mit dem
Kreise Guhrau, zusammen 1-1 Kreise, bildet den Geschäftskreis des
Oberlandesgerichts Groß-Glogau. Die Untergerichte stehen
unter der Aufsicht der drei oberen, welche diese Aufsicht durch er¬
wählte Kreis-Justizräthe führen.
Die den richterlichen Behörden überwiesenen Geschäfte sind zwar
sehr mannigfacher Art, doch lassen sich die meisten derselben nach dem
Gegenstände, den sie betreffen, in zwei Klassen theilen: in Civil- und
Kriminalprozesse, je nachdem es sich um die Entscheidung von
Privatrechten oder um die Bestrafung eines Vergehens handelt. Im
ersten Falle entscheidet das Gericht über das Mein und Dein, aber
erst auf Antrag einer Parthei; im andern schreitet es von amtswegen,
d. h. ohne Anklage ein und bestimmt nach crmitteltem Thatbestands
die Strafe für den Verbrecher. Ist Jemand durch die Entscheidung
eines Untergerichts nicht zufrieden gestellt, so kann er in manchen Fäl¬
len eine Beschwerde über das Urtheil desselben bei dem vorgesetzten
Obergerichte einlegen, welches dann auf die Beschwerde in der Appel¬
lations-Instanz entscheidet; dasselbe darf geschehen, wenn das Obergc-
richt schon in erster Instanz das Erkenntniß gegeben hat, nur ist dann
die Beschwerde bei demselben Gericht anzubringen, das dann durch
eine andere Abtheilung zum zweiten Male das Urtheil fällt. Als dritte
und letzte Instanz erkennt das Geheime Obertribunal zu Berlin,
von dessen Entscheidung kein Rechtsmittel mehr zuläßig ist. Nur in
Kriminalsachen, in welchen nie eine dritte Instanz erkennt und
die zweite nicht Appellations-Instanz, sondern das Rechtsmittel
der weiteren Vertheidigung heißt, kann der Verbrecher sich
noch an die Gnade des Königs wenden und von dieser eine Milde¬
rung, Umwandlung oder Niederschlagung der Strafe erbitten. Ueber
schwere Vergehen (Verbrechen) erkennen nur die obersten Gerichtshöfe,
und lautet ihr Erkenntniß auf Todesstrafe, so bedarf dasselbe der Be¬
stätigung des Königs, ehe es zu vollziehen ist. Auch bei einigen an¬
dern Vergehen hängt die Vollstreckung der erkannten Strafe von der
Bestätigung des Königs wie auch von der des Justiznnnisters ab. -—