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der Wiederhall ins Ohr hinein;
das thät ihm baß gefallen.
Er sprach: „Recht brav, Frau Nachtigall!
Doch Kuckuck singet gut Choral
und hält den Takt fein innen;
drum soll er in der edeln Kunst
nach Fug und Recht, ohn' alle Gunst
den Siegespreis gewinnen.“ Herder.
53. Der Fuehs und die Weintrauben.
Der Fuchs sah an einer Gartenmauer köstliche Weintrauben
und wollte davon naschen. Er sprang in die Höhe; aber sie hingen
gar hoch, und er konnte sie nicht erreichen. Zuletzt that er noch
einen kräftigen Sprung und fiel darüber rücklings zur Erde.
„Ihr seid ja recht aufgeräumt,“ spottete der Rabe, der es mit
ansah; „Ihr habt wohbl zu viel Weintrauben genossen?“
„Ach,“ sagte der Fuchs, „ich mag die Trauben nicht haben,
sie sind noch nicht reif und schmecken sauer.“
„Ond dabei hängen sie für Euch zu hoch,“ spottete nochmäls
der Rabo.
54. Der Fuehs und der Rabe.
Ein Rabe sals auf einem Baum und hielt ein Stüek bleisch in
seinem Schnabel. Der Fuchs sah es und sann darauf, wie er den
Raben betrũügen wollte.
„Meister Rabe,“ fing er an, „Ihr habt ein sta h⸗ zen;
Ihr seid schön und stark wie der Adler. Schade, dals mm
seid und nicht schreien könnt wie der Adler.“
Den Raben freute die Schmeichelei des Fuchses, und er vachte:
Ich will ihm doch zeigen, dass ich nicht stumm bin, sondern schreien
kann so gut wie der Adler. Er öffnete seinen Schnabel und liess
das Pleisch fallen.
Der Euchs lief mit dem Fleisch davon, und der Rabe verfolgte
ihn mit kläglichem Geschrei. Da spottete der Fuchs: „Gebt Euch
zufrieden, Meister Rabe; denkt: wieé gewonnen, so zerronnen! ILhr
hattet das Fleisch gestohlen, und ein anderer frilst es auf. Zum
Dank schenk' ich Euch ein schönes Sprüchlein: Wer auf Schmeichler
hört, wird leicht bethört; nicht wahr, mein Sprüchlein ist doch wohl
mehr wert als ein Stück Fleisch?“
WMie ist mir so wehe, sagte der Fuchs, als er das Pleisch ver-
zehrt hatté, ich habe Schmerzen im Leibe und in allen Gliedern
Er ging wie sonst zu dem Gevatter Kranich, der ein berühmter
Doktor war. Dieser fühlte ihm an den Puls und sagte: „Bei Euch
ist keine Hilfe; Ihr habt wohl gar vergiftetes Fleisch gefressen?“
Wetzel⸗Büttner, Deutsches Lesebuch. 4. L. Teil Mittelstufe). 3
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